Kapellen sind Kraftorte der Begegnung

Das Innere der Holzkapelle
© Andreas Praefcke/Wikimedia Commons
Für den Freiburger Erzbischof Stefan Burger ist die Wallfahrtskirche zum Witterschnee bei Löffingen im Breisgau-Hochschwarzwald ein "Ort der Geborgenheit und der ganz persönlichen Begegnung mit Gott".
Umfrage unter Geistlichen
Kapellen sind Kraftorte der Begegnung
Kirchen und Kapellen sind Orte zur Ruhe, Besinnung und zum Beten. Welche Orte die leitenden Geistlichen in Baden-Württemberg zum Kraft tanken gerne aufsuchen, haben sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) verraten.

Es ist keine Kapelle der eigenen, sondern der württembergischen Kirche, den die Bischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden, Heike Springhart (Karlsruhe) als ganz besonderen Ort für sich entdeckt hat. Die versteckt liegende Pankratiuskapelle in Keltern-Niebelsbach (Enzkreis) sei für sie ein "Fluchtort und ein Kraftort", sagte Springhart in einer Umfrage des epd: "In dieser Kirche haben meine Trauer und Tränen ihren Raum und Momente tiefer Dankbarkeit."

Die versteckt liegende Pankratiuskapelle in Keltern-Niebelsbach im Enzkreis ist für Bischöfin Heike Springhart ein "Fluchtort und ein Kraftort".

Sie gehe dort hin, wenn sie Ruhe brauche, zur Besinnung und zum Beten "still, flehend, dankbar und manchmal auch singend". Unter dem Altar laufen künstliche Wasserläufe zusammen. Das Kirchlein mit Wandgemälden aus dem 15. Jahrhundert und Barockgestühl aus dem 18. Jahrhundert entdeckte die Theologin während ihrer Zeit als Pfarrerin in Pforzheim. Der Ort liegt politisch und geografisch in Baden, gehört aber zur württembergischen Kirchengemeinde Gräfenhausen.

Für den Freiburger Erzbischof Stefan Burger ist die Wallfahrtskirche zum Witterschnee bei Löffingen (Breisgau-Hochschwarzwald), ein "Ort der Geborgenheit und der ganz persönlichen Begegnung mit Gott". Früher sei er mit den Sorgen und Nöten eines Kindes dorthin gegangen. Heute komme er mit den Sorgen und Nöten eines Erzbischofs: "Hier weiß ich mich dem gekreuzigten Heiland besonders nah. Er hört mich, und ich darf mich in seiner Liebe geborgen wissen. Das gibt Kraft."

Im Vordergrund die alte Wallfahrtskirche zum Witterschnee, dahinter die Neuere.

Der Wallfahrtsort wird auch "Schneekreuz" genannt, weil sich ein Wanderer im 18. Jahrhundert dort im Schneesturm verirrte. Nach seiner Rettung errichtete er ein Holzkreuz. Später wurde dort einfache Holzkapelle gebaut und Ende des 19.Jahrhunderts eine steinerne Wallfahrtskirche.

Lieblingsorte zum Auftanken

Der Landesbischof der württembergischen evangelischen Landeskirche Ernst-Wilhelm Gohl bezeichnet die "Besserer Kapelle" im Ulmer Münster als seinen Lieblingsort zum "Auftanken". "Es ist deren Abgeschiedenheit im großen Münster, es sind auch die alten Glasfenster mit ihrer starken Farbigkeit und ‚Sprache‘, die seit Jahrhunderten Menschen ermutigen", erläutert Gohl, der vor seinem Bischofsamt Dekan in Ulm war.

Die Glasfenster der Kapelle zeigen biblische Geschichten und gehören zu den bedeutendsten mittelalterlichen Glaskunstwerken im süddeutschen Raum. Das Ulmer Münster ist die größte evangelische Kirche Deutschlands und hat den höchsten Kirchturm der Welt mit rund 161 Metern.

Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart Gebhard Fürst besucht besonders gerne die Sülchenkirche vor den Toren Rottenburgs. Manchmal er setze sich in den hellen, schön renovierten Kirchenraum aus dem 17. Jahrhundert zum Innehalten. "Die Geschichte des Glaubens in unserer Region ist dort mit Händen zu greifen", sagt Fürst.

Die Ursprünge des frühen Christentums in Europa seien in den Ausgrabungen und frühen christlichen Grabbeigaben zu sehen und "buchstäblich zu erleben". Die Sülchenkirche geht auf einen frühmittelalterlichen Bau um das Jahr 650 zurück. Sie ist die Heimatkirche des Heiligen Meinrad von Sülchen, dem Gründer des Klosters Einsiedeln in der Schweiz.