Seenotretter fürchten Ausbleiben von Spenden

orangener Rettungsring an Schiffsgeländer
© Martin Schneider/Pexels
Staatlich organisierte Such- und Rettungseinsätze im Mittelmeer sind äußerst knapp und Spenden bleiben zunehmend aus.
Evangelische Theologin warnt
Seenotretter fürchten Ausbleiben von Spenden
Erneut wurden Hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet. Nach Angaben von Hilfsorganisationen sind mehrere Boote in Not. Das Mittelmeer sei zu einem "Massengrab" geworden, sagen Seenotretter. Einsätze privater Seenotretter sind laut der evangelischen Theologin Sandra Bils zunehmend durch ausbleibende Spenden gefährdet.

Nach einem Rettungseinsatz haben Hilfsorganisationen auf weitere in Not geratene Boote von Geflüchteten im Mittelmeer aufmerksam gemacht. Die deutsche Organisation Resqship sprach am Donnerstag von fünf ihr bekannten Notfällen. Zuvor hatte deren Segelschiff "Nadir" bei der Rettung von etwa 300 Menschen auf sechs Booten vor der italienischen Insel Lampedusa geholfen.

Von den 300 Flüchtlingen, denen die "Nadir" zur Hilfe gekommen war, seien 172 an Bord der "Aita Mari" der spanischen Organisation Salvamento Maritimo Humanitario gebracht worden, erklärten beide Organisationen. Weitere 125 Geflüchtete wurden demnach nach mehreren Stunden von der italienischen Küstenwache übernommen.

Das Mittelmeer gehört zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Im laufenden Jahr kamen bei der Überquerung laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bereits etwa 1.300 Menschen ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer liegt vermutlich weitaus höher.

Zuletzt sorgte der Untergang eines Fischerbootes mit bis zu 750 Menschen an Bord vor der griechischen Küste für Entsetzen. Seenotretter werfen der griechischen Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex vor, für die Katastrophe mitverantwortlich zu sein.

Sandra Bils ist Pastorin und Vorstandsmitglied des Vereins "United4Rescue".

Die evangelische Theologin Bils, die auch Vorstandsmitglied des Vereins "United4Rescue" ist, sagte, das Mittelmeer sei zu einem "Massengrab" geworden. Es fehlten staatlich organisierte Such- und Rettungseinsätze, sagte Bils dem Deutschlandfunk. Die zivilen Seenotrettungsmissionen seien "nur ein Tropfen auf dem heißen Stein". Zunehmend bereiteten ausbleibende Spenden Probleme. Eines der drei Bündnisschiffe könne derzeit wegen fehlender Finanzmittel nicht auslaufen, ein anderes sei von den italienischen Behörden festgesetzt.

Auch der Vorsitzende der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye, Gorden Isler, kritisierte die fehlende Hilfe für Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. Mit Blick auf die Suche nach dem im Atlantik verschwundenen U-Boot "Titan" sagte Isler dem Evangelischen Pressedienst: "Es ist absolut richtig, dass sie mit allen Fachkräften, mit Küstenwache und Marine gesucht werden. Aber das muss in allen anderen Fällen auch getan werden." Für jeden einzelnen Menschen müssten alle nur erdenklichen Kräfte zur Rettung herangezogen werden, zivile und militärische - "auch im Mittelmeer".

Keine Rettung für Mann, Frau und Kleinkind

In der Nacht auf Mittwoch war die Besatzung der "Nadir" nach Angaben von Resqship von den italienischen Behörden gebeten worden, bei der Suche von drei Vermissten zu helfen. Ein Mann, eine Frau und ein Kleinkind waren demnach nach einem Schiffbruch vor der Küste von Lampedusa vermisst worden. Die Crew habe stundenlang gesucht, allerdings ohne Erfolg. Die weiteren 44 Insassen des Bootes habe die Küstenwache an Bord genommen.

Die italienischen Behörden seien aufgrund ihrer späten Reaktion für den Tod von drei Menschen verantwortlich, erklärte die deutsche Rettungsorganisation Sea-Watch. Deren Aufklärungsflugzeug "Seabird" habe die Behörden mehrfach alarmiert, nachdem Wasser in das Boot gelaufen war.

In "United4Rescue" sind nach eigenen Angaben knapp 900 Organisationen und Gruppen zusammengeschlossen, um die zivile Seenotrettung zu unterstützen. Das Bündnis wurde 2019 von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiiert.