Schrilles Märchen aus "Transsexual-Transsylvanien"

Kino Eingang mit "Rocky Horror Picture Show"
© Burkhard Mücke/CC BY-SA 4.0/commons.wikimedia
In den Mitternachtsshows der "Rocky Horror Picture Show", ist der Kult entstanden, im Kino mit zu agieren, zum Teil wird parallel vor der Bühne die Handlung mitgespielt.
50 Jahre Rocky Horror Show
Schrilles Märchen aus "Transsexual-Transsylvanien"
Das Spektakel mit dem außerirdischen Transvestiten in Netzstrümpfen und Federboa ist schrill, bunt und laut: Das Musical "Rocky Horror Show", das als "Rocky Horror Picture Show" ins Kino kam, wurde zum Kult-Event. Vor 50 Jahren feierte es Premiere. Die anhaltende Beliebtheit liegt nach Einschätzung des Musical-Experten Gil Mehmert an der besonderen Interaktion mit dem Publikum.

Zum Kult wurde das 50 Jahre alte Stück besonders durch den Kinofilm, der in einem damals neuen Format als "Mitternachtsshow" gezeigt wurde, wie der Professor an der Essener Folkwang Universität der Künste dem Evangelischen Pressedienst sagte.

In den Mitternachtsshows sei der Kult entstanden mitzuagieren, zum Teil parallel vor der Bühne die Handlung mitzuspielen. Das sei dann vom Film zurück zum Theater gekommen. Auch heute sei die "Geschichte immer noch anarchisch und schrill". Die Musik mit Anklängen an den Rhythm 'n' Blues der 50er Jahre sei zeitlos. Diese Art von Gitarrenriff-orientierten Stücken sei damals in diesem Genre noch kaum etabliert gewesen.

Die Story: Das junge frischverliebte Paar Brad und Janet strandet nach einer Reifenpanne im Schloss von Dr. Frank N. Furter (in Mieder und Strapsen: Tim Curry) und gerät in eine schrille und monströse Gesellschaft. 

Die Premiere des Musicals "Rocky Horror Show" von Richard O' Brien fand vor 50 Jahren, am 16. Juni 1973 in London statt.. Zwei Jahre später kam es als "Rocky Horror Picture Show" in die Kinos. Bewusst brach das Musical mit moralischen und geschmacklichen Konventionen jener Zeit. Von der Premiere mit 63 Plätzen zog die Aufführung in immer größere Säle und wurde bald auch in anderen Ländern gespielt. Der 1975 veröffentlichte Film, bei dem viele Darsteller und Darstellerinnen der Musical--Besetzung mitmachten, wurde erst in einem zweiten Anlauf zum Erfolg, in einem neuen Format der  Mitternachtsvorstellung.

Werbetafeln für "The Rocky Horror Show" in New York City am Times Square im Juni 2001.

Der Film zog so eine stetig wachsende Fan-Gemeinde an, die Dialoge und Musik auswendig kannte. Viele Darsteller der Ur-Besetzung des Musicals wie Tim Curry als Transvestit Frank N. Furter und O' Brien als buckliger Butler spielten ihre Rollen auch im Kinofilm.

Anders als heute, wo das Thema Diversität in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei, sei in den 70er Jahren das Hinwegsetzen über Geschlechterrollen noch revolutionär gewesen, sagte Mehmert. Es sei zudem ein geschickter dramaturgischer Kniff gewesen, dass in dem Stück jemand von außen komme und ein positives Virus die Welt bringe, das für mehr Liberalität und Toleranz sorge.

Das Stück sei eine Art Reaktion auf den damaligen etablierten Musical-Markt gewesen, erläuterte Mehmert, der im Studiengang Musical unterrichtet und auch als Regisseur arbeitet: "Es war eine Art Antikultur, Jugendkultur, Reaktionskultur und wurde dann selbst Kult." Nachdem der Musical-Darsteller Richard O'Brien aus einer Produktion rausgeschmissen worden sei, habe er in seiner Wut "eine Art Punk-Musical" geschrieben, bevor es Punk gegeben habe. Bedient habe sich O' Brien bei der Trash-Kultur und B-Filmen. Daraus habe er "eine wirre und chaotische Geschichte" geschaffen, die aber in sich funktioniere.