Reichsbürgerszene im Norden wächst

Sichergestellte Waffen von "Reichsbürgern"
© Roland Weihrauch/dpa
Im Norden wächst die "Reichsbürger-Szene" auch aufgrund diffuser Zukunftsängste. Das Archivbild zeigt sichergestellte Waffen von "Reichsbürgern" in NRW.
Radikalisierung setzt sich fort
Reichsbürgerszene im Norden wächst
Die Reichsbürgerszene in Schleswig-Holstein ist im Jahr 2022 um rund ein Drittel auf 640 Mitglieder gewachsen. Der massive Zulauf hänge teilweise mit diffusen Zukunftsängsten zusammen, sagte Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2022 in Kiel. Auslöser seien Krisen wie der Klimawandel, die Pandemie und der Krieg in Europa gewesen.

Ein Teil der Reichsbürgerszene sei gewaltbereit. Die erkennbare Radikalisierung werde sich fortsetzen, vor allem über Telegramkanäle laufe die Vernetzung, sagte die Ministerin. Die Reichsbürger träten kaum öffentlichkeitswirksam in Erscheinung, sondern beschränkten sich auf das Versenden ihrer im Reichsbürger-Duktus verfassten Schreiben an Behörden. Auch die Affinität zu Waffen bleibe hoch. "Diese Entwicklung werden wir als Landesregierung sehr ernst nehmen und wir werden weiter konsequent dagegen vorgehen."

Ein weiterer Schwerpunkt des Verfassungsschutzes war 2022 die Aufklärung rechtsextremistischer Bestrebungen und Netzwerke. Zur rechtsextremen Szene in Schleswig-Holstein zählen 1.200 Menschen und damit 1,7 Prozent mehr als noch 2021.

Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten blieb konstant bei 350. Insgesamt wurden 699 Straftaten der rechtsextremen Szene registriert und damit 32 Fälle mehr als 2021. Der erneute Anstieg sei nicht gut, aber jedes zweite Delikt habe aufgeklärt werden können, so Sütterlin-Waack.

Im Bereich des islamistischen Terrorismus sei die abstrakte Gefährdungslage nach wie vor konstant hoch und das Personenpotenzial bleibe auf hohem Niveau. Von den derzeit 868 Islamistinnen und Islamisten ließen sich erneut etwa 750 Personen dem Salafismus zuordnen.

Ein für Linksextremisten bedeutsames Themenfeld sei weiterhin die Klimabewegung. "In Schleswig-Holstein trat nach der Corona-Pandemie die TurboKlimaKampfGruppe (TKKG) als linksextremistischer Akteur in Erscheinung", sagte die Innenministerin. Die TKKG fungiere als bedeutendste linksextremistische Gruppierung in der ansonsten bürgerlich geprägten Klimabewegung.

Zudem habe sich die in den vergangenen Jahren ohnehin schon gestiegene Gefahr von Angriffen auf Strukturen der Informationstechnik 2022 durch den Ukraine-Krieg noch erhöht. Auch für 2023 sei mit entsprechenden Angriffen zu rechnen, sagte Sütterlin-Waack.