TV-Tipp: "Der Dänemark-Krimi: Blutlinie"

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13. April, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Dänemark-Krimi: Blutlinie"
Kort Holm, Kopf des organisierten Verbrechens in Kopenhagen, will den Mörder seines Sohnes selbst zur Rechenschaft ziehen. Der wurde, getötet durch zwei Wikingerpfeile, in einem Wald aufgefunden. Tatwaffe ist ein klassischer Wikingerbogen. Die beiden Streifenpolizisten Ida Sörensen und Magnus Vinter nehmen die Ermittlungen auf, bevor die zuständige Beamtin aus Kopenhagen angereist ist.

Nachts am Strand, ein Polizistenpaar verfolgt einen Verdächtigen. Der Mann hat eine Blechbüchse in der Hand und gesteht, er wolle den letzten Willen seiner verstorbenen Lebensgefährtin erfüllen. Ach so, sagt die Polizistin sinngemäß, sie wollen ihre Asche verstreuen: So funktioniert deutsches Fernsehen leider viel zu oft. Gute Krimis vertrauen darauf, dass das Publikum nicht bloß mit-, sondern auch weiterdenkt; schlechte Krimis nehmen es an die Hand und helfen ihm über die Straße. "Blutlinie", der zweite "Dänemark-Krimi", ist ein gutes Beispiel für diese Art von Entmündigung: Ständig muss das von Marlene Morreis und Nicki von Tempelhoff verkörperte Ermittlungsduo innehalten und die Handlung erklären; dabei ist die vermeintlich begriffsstutzige Zuschauerschaft den beiden im Zweifelsfall ein bis zwei Gedankengänge voraus. 

Timo Berndt hat viele zum Teil herausragende Krimis für "Die Toten vom Bodensee" und "Sarah Kohr" (beide ZDF) geschrieben. Schon sein erstes Dänemark-Drehbuch, "Rauhnächte" (2021), offenbarte jedoch ungewohnte Ungereimtheiten. Das zweite wiederum wirkt, als erzähle der Autor eine eigentlich eher einfache Geschichte unnötig kompliziert. Auch die Verwurzelung in der Region, eigentlich doch das jeweilige Alleinstellungsmerkmal der ARD-Auslandskrimis, ist nur bedingt plausibel, selbst wenn der Mord zum Auftakt des Films mit einem klassischen Wikingerbogen begangen wird. Das Opfer ist der Sohn eines einflussreichen Gangsters (Roman Knižka), und nun wird es trotz der vielen Erläuterungen unübersichtlich. Eigentlich ist es ja ein gutes Zeichen, wenn ein Krimi nicht auf Anhieb durchschaubar ist, doch in diesem Fall wirken die diversen Handlungsstränge mitunter nicht verknüpft, sondern verknotet. Dabei sind die Zutaten durchaus reizvoll, zumal die Ermittlungen weit zurück in die Vergangenheit führen, aber viele Figuren sind viel zu stereotyp, um echte Anteilnahme an ihrem Schicksal zu wecken.

Aus Sicht der zuständigen Beamtin (Katharina Heyer) ist der Fall ohnehin klar, weshalb ihre Aufgabe in erster Linie darin besteht, Ida Sörensen und Magnus Vinter das Leben schwer zu machen. Als Hauptverdächtiger gilt Vinters Neffe: Auf der Tatwaffe finden sich nicht nur seine Fingerabdrücke, er hat den Bogen auch hergestellt. Natürlich ist der Onkel von Bjarnes Unschuld überzeugt, obwohl Timur Bartels den jungen Mann mit allen Merkmalen des Krimiklischees "mangelnde Impulskontrolle" versieht. Weil Magnus ganz ähnlich gestrickt ist, muss die Kollegin ihm ständig in dem Arm fallen, bevor er sich zu irgendwelchen Dummheiten hinreißen lässt.

Gespielt ist das nicht immer gut, zumal einige Wortwechsel klingen, als hätten die beiden sie zu oft geprobt. Auch der Rest des Ensembles ist nicht durchweg überzeugend. Ein darstellerischer Einschaltgrund ist allein Roman Knižka: Kort Holm ist zwar Kopf des organisierten Verbrechens in Kopenhagen, aber Knižka verkörpert den Mann nicht als kaltblütigen Gangsterboss, sondern als Vater, dessen Trauer durchaus Mitgefühl weckt. Selbst sein Killer (Erik Madsen) hat sympathische Züge. Natürlich lassen sich Sörensen und Vinter nicht täuschen: Wenn sie den geflüchteten Bjarne nicht vor Holm finden, wird der ihn töten.

Der Rest ist Dialog. Es geht um ein verschwundenes Testament, um Menschen, die vorbereitet sein wollen, wenn das Ende kommt, um einen Wikinger-Themenpark am Rand der Pleite, um eine verschwiegene Vaterschaft sowie um zerbrochene Beziehungen. Mit Abstand am interessantesten ist die einstige Jugendfreundschaft zwischen Vinter und Holm, deren Lebenswege sich nach einem bis heute ungeklärten tragischen Ereignis getrennt haben; nun hat der Mord sie wieder zusammengeführt. Diese Konstellation hätte einen klasse Krimi ergeben können, aber sie rückt zugunsten diverser Nebenfiguren immer wieder in den Hintergrund. 

Regie führte Katrin Schmidt, die zuletzt zwei Filme für die ARD-Reihe "Die Füchsin" gedreht hat. Beide Inszenierungen waren, zurückhaltend formuliert, unauffällig. Immerhin das ist bei "Blutlinie" anders: Die Bildgestaltung ist ungewöhnlich, auch wenn es gewiss Klagen geben wird, dass sich allzu viel im Dreivierteldunkel zuträgt; gerade die Aufnahmen in Holms Elternhaus verbreiten so etwas wie Gruftatmosphäre. Kameramann Simon Schmejkal hat zudem eine Art "Wald-Look" kreiert: Über den Bildern liegt oft ein Dunkelgrünschleier, der für subtiles Unbehagen sorgt. Dennoch kann auch die gute Musik (Dominik Giesriegl, Florian Riedl) nicht verhindern, dass der Krimi über weite Strecken ziemlich spannungsarm ist.