Streit um Bischof-Meiser-Infotafeln in Pullach

Bischof-Meiser-Strasse in Pullach
© SZ Photo/Claus Schunk
Wie finden die Kirche und Kommune die passende Lösung im Schilder-Streit?
Kirche und Kommune im Disput
Streit um Bischof-Meiser-Infotafeln in Pullach
Tauziehen um den richtigen Ort für die Erinnerungsarbeit: Wohin mit den Infotafeln in der Pullacher Bischof-Meiser-Debatte? Die Kirche stellt Bedingungen, der Gemeinderat ist enttäuscht - nun bleibt vorerst das Internet als letzte Alternative.

Die Debatte um den richtigen Umgang mit dem Wirken des ersten bayerischen evangelischen Landesbischofs Hans Meiser (1881-1956) in der NS-Zeit ist um ein Kapitel reicher: Mit klarer Mehrheit hat nun der Gemeinderat Pullach Infotafeln in der dortigen Bischof-Meiser-Straße auf öffentlichem Grund abgelehnt. Zugleich wurde Kritik an der Vereinigten Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) laut, deren Studienseminar in der Pullacher Meiser-Straße sitzt. Denn die wollte die Tafeln wiederum nicht ausschließlich auf ihrem Grund stehen haben. Auch der leitende VELKD-Bischof Ralf Meister (Hannover) äußert sich nun dazu.

Die VELKD sei grundsätzlich zur Aufstellung von Meiser-Infotafeln in Pullach bereit, so der Hannoveraner Landesbischof Meister am Mittwoch. Die Texttafeln der Historikerin und Meiser-Biografin Nora Schulze müssten aber in jedem Fall an der Bischof-Meiser-Straße selbst gezeigt werden. Das würde "eine ungleich höhere Sichtbarkeit gewährleisten" als die Präsentation im Foyer des VELKD-Studienseminars. Sollte die Gemeinde die vier Tafeln im öffentlichen Raum aufstellen, "würden wir uns einer zusätzlichen Aufstellung im oder am Gebäude nicht verweigern", sagte der leitende VELKD-Bischof.

Generell hält die VELKD es für sinnvoll, die Schilder der Bischof-Meiser-Straße in Pullach mit einem QR-Code zu versehen, der dann wiederum auf die Gemeindehomepage verweist. "Dort könnten Informationen über Hans Meiser in leichter Sprache und die Debatte um die geschichtliche Einordnung seiner Person angeboten werden", sagte Meister.

Auch einer Informationsveranstaltung im Studienseminar, das Hans Meiser 1948 mitbegründete, stehe man weiter offen gegenüber. Der richtige Zeitpunkt dafür könne die Aufstellung der Tafeln oder das Anbringen des QR-Codes am Straßenschild sein, erläuterte Meister.

Allerdings ist die Aufstellung der Tafeln auf öffentlichem Grund bereits vom Tisch: Mit nur einer Gegenstimme hatte das der Gemeinderat am Dienstagabend abgelehnt. Mehrere Lokalpolitiker machten zuvor ihrem Unmut über die VELKD Luft.

Landesbischof Hans Meiser 1955 vor der Bayreuther Spitalkirche, in der er als junger Theologe zum Amt der Kirche ordiniert wurde.

So zeigte sich Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) "irritiert, dass das Aufstellen der Tafeln wie eine heiße Kartoffel zwischen den kirchlichen Ebenen herumgereicht wurde". Gemeindearchivar Christian Sachse bezeichnete den Schriftverkehr mit den VELKD-Zuständigen als "schrittweises Abservieren" der Idee, die für das Foyer des Studienseminars konzipierten Infotafeln auch dort aufzustellen.

Die drei Gemeinderäte, die sich für einen breiten Informationsprozess vor der Abstimmung zur Umbenennung der Bischof-Meiser-Straße starkgemacht hatten, zeigten sich ebenfalls enttäuscht. Der Zweite Bürgermeister Andreas Most (Pullach Plus) warf der VELKD "Wegducken", Holger Ptacek (SPD) "Debattenverweigerung" vor.

Bei der Gründung der EKD am 31. August 1945 waren mit dabei: Der stellvertretende Ratsvorsitzende Martin Niemöller, Wilhelm Niesel, der Ratsvorsitzende Theophil Wurm, Hans Meiser, Heinrich Held, Hanns Lilje, Otto Dibelius.

Renate Grasser (Grüne) fragte, warum es Aufgabe der Gemeinde sein solle, die Ambivalenz eines Bischofs in der Erinnerungskultur deutlich zu machen, "wenn schon die Kirche kein Interesse daran hat". Die Gemeinde will nun die Infotafel-Texte über Meisers Rolle in der NS-Zeit auf der Gemeinde-Internetseite veröffentlichen.

Hans Meiser (1881-1956) war von 1933 bis 1955 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Seine Befürworter halten ihm zugute, dass er den Anschluss der bayerischen Lutheraner an die regimetreuen "Deutschen Christen" verhinderte und sich für die Rettung "nichtarischer Christen" einsetzte. Kritiker werfen dem Theologen vor, dass er in zwei Aufsätzen "dezidiert antisemitisch" argumentierte und in der NS-Zeit öffentlich zu Judenverfolgung und Euthanasie schwieg.

Im Jahr 2007 hatten Nürnberg und München ihre nach dem ehemaligen Landesbischof benannten Straßen per Stadtratsbeschluss umbenannt, Bayreuth folgte 2022. Für die Beibehaltung des Straßennamens entschieden sich Weiden (2009) und Ansbach (2006 und 2013). Über den Antrag des Pullacher Geschichtsforums aus dem November 2020 zur Umbenennung der Straße soll laut der Pullacher Bürgermeisterin voraussichtlich in der Juni-Sitzung entschieden werden.