Sven Quittkat ist Pfarrer der Diakoniegemeinde am Stephansstift in Hannover. In den vergangenen Wochen hat seine Gemeinde ziemlich viele Medienanfragen erhalten. Grund dafür ist die Öffnung für Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen und Konfessionslose. Ein Schritt, den Quittkat als "ganz selbstverständlich" bezeichnet. Er betont, dass die Mitarbeitenden auf dem Gelände des Stifts bereits "interkulturell und interreligiös divers" aufgestellt seien und es nun nur logisch sei, dies auch in der Kirchengemeinde zu widerzuspiegeln.
Die Gemeinde auf dem Gelände des Stephansstifts, das vorrangig der Altenpflege dient, wandelte sich von einer traditionellen "Anstaltsgemeinde" zu einer modernen "Personalgemeinde". Diese neue Form ermöglicht neben evangelischen Zweitmitgliedern auch individuelle Gastmitgliedschaften für Muslime, Katholiken oder konfessionslose Personen. Gastmitglieder erhalten ein Rederecht in Gemeindeversammlungen, dürfen jedoch nicht den Kirchenvorstand wählen oder in ihn gewählt werden. Zurzeit zählt man etwa acht solcher Gäste unter insgesamt rund 200 Mitgliedern.
Die Satzung wurde bereits im Juli 2024 verabschiedet, und die Neugründung erfolgte offiziell am 11. Mai diesen Jahres – bei einer Gemeindeversammlung mit rund 40 Teilnehmenden. Am 29. Mai wurde der neue Kirchenvorstand eingeführt.
Quittkat macht deutlich: "Wir laden erstmal dazu ein, mitzugestalten. Wir wollen eine Plattform bieten - ein Forum, bei dem die Menschen entscheiden, was hier entstehen soll." Es gehe nicht darum, Mitglieder von anderen Gemeinden abzuwerben, sondern um eine partizipative Ausrichtung, bei der sich Angebote aus der Gemeinde heraus entwickeln müssen - von Bibelkreisen über Kulturformate bis hin zu spirituellen Ritualen wie Segen oder Andachten.
Quittkat macht klar: Die Diakonie lebt seit Jahren interreligiösen Alltag. Mitarbeitende verschiedener Glaubensrichtungen arbeiten hier. Schon seit 2016 erlaubt die Loyalitätsrichtlinie der EKD auch nicht-kirchliche Mitarbeit in diakonischen Einrichtungen. Gottesdienste zur Begrüßung neuer Beschäftigter, denen universell ein Segen angeboten wird, sind Normalität. Die Gründungsgemeinde versteht sich ausdrücklich nicht als Konkurrenz zur klassischen Pfarrarbeit, sondern als neue ergänzende Form.
Entscheidend sei, dass Menschen verschiedener Hintergründe auf Augenhöhe zusammenkommen, und zwar als Gemeinschaft und nicht als isolierte Religionsgruppen. Sven Quittkat blickt mit Optimismus in die Zukunft. Er sagt: "Der Acker liegt vor uns und jetzt müssen wir entscheiden, was wir säen und wer welchen Teil des Feldes bestellt." Seine Hoffnung: Aus dem "zarten Pflänzchen" entwickelt sich eine lebendige, bunte Gemeinschaft, in der jeder mitgestalten kann. Unabhängig von Herkunft, Glauben oder Konfessionszugehörigkeit.