TV-Tipp: "Rex Gildo – Der letzte Tanz"

Getty Images/iStockphoto/vicnt
15. Februar, ARD, 0.05 Uhr
TV-Tipp: "Rex Gildo – Der letzte Tanz"
Glanzvolle Karriere, Absturz und tragischer Tod - das Leben Rex Gildos bietet genügend Stoff für ein filmisches Denkmal. Rosa von Praunheims Dokudrama über den Schlagersänger überzeugt durch die O-Töne von Weggefährten. Die Spielszenen sind dagegen weit weniger gelungen.

Vor allem die Frauen lagen ihm zu Füßen: Rex Gildo hat 40 Millionen Schallplatten verkauft, in rund 30 Filmen mitgewirkt und war gemeinsam mit Roy Black weit über zwei Jahrzehnte lang der Topstar unter den deutschen Schlagersängern. Am Ende trat er in Möbelhäusern oder bei Geschäftsjubiläen auf - der unrühmliche Ausklang einer glanzvollen Karriere, die in den späten Fünfzigerjahren begonnen hatte. 1972 veröffentlichte er "Fiesta Mexicana" - bis heute einer der bekanntesten deutschen Schlager überhaupt. Für Gildo war sein größter Hit Fluch und Segen zugleich, denn fortan wurde sein Schaffen im Grunde auf "Hossa! Hossa! Hossa!" reduziert.

Aufstieg und Absturz von Ludwig Franz Hirtreiter würden ähnlich wie das Leben Roy Blacks, dem Peter Keglevic mit einem famosen Christoph Waltz in der Hauptrolle ein filmisches Denkmal gesetzt hat ("Du bist nicht allein – Die Roy Black Story", 1996), auch zum Spielfilm taugen, aber Rosa von Praunheim hat – "frei erzählt nach wahren Begebenheiten" – ein Dokudrama aus dem Stoff gemacht.

Das hat gleichfalls seinen Reiz, weil sich auf diese Weise zeitgenössische Aufnahmen und heutige Interviews integrieren lassen. Das ist tatsächlich fesselnd, zumal Gesangs- und Schauspielpartnerinnen wie Vera Tschechowa, Cornelia Froboess und Gitte Hænning noch sehr lebendige Erinnerungen an die gemeinsame Arbeit haben.

Leider sind die größtenteils wie ein abgefilmtes Bühnenwerk wirkenden Spielszenen deutlich weniger gelungen. Die rigorose Reduktion ist mutmaßlich auch eine Frage der Finanzen gewesen und hätte als Stilmittel durchaus überzeugen können, aber die Darbietungen sind stellenweise dilettantisch. Nicht mal unfreiwillig komisch sind beispielsweise die mehrfachen Auftritte dreier altgewordener weiblicher Edelfans, die sich bis heute über die Gerüchte echauffieren, ihr Liebling sei homosexuell gewesen.

Just dieser Aspekt dürfte jedoch der Grund gewesen sein, warum sich Praunheim derart intensiv mit "Sexy Rexy" beschäftigt hat. Der Regisseur (Jahrgang 1942) bezeichnet Gildo als Jugendidol. Mit seinem Film will er zeigen, wie schwierig es einst für Homosexuelle gewesen sei, ihre Liebe auszuleben. Für den Sänger habe dies "ein Leben voller Heimlichkeit und Lügen" bedeutet.

Praunheim gilt wegen seines bis heute bekanntesten Werks, "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" (1971), als Ikone der Schwulenbewegung. Der Film dokumentiert das Leben mehrerer Homosexueller in der schwulen Subkultur Berlins und hatte maßgeblichen Einfluss darauf, dass sich homosexuelle Männer und Frauen organisierten und sich politisch für ihre Sache engagierten.

Am Beispiel Gildos verdeutlicht Praunheim das Versteckspiel der Betroffenen. Paragraf 175 des deutschen Strafgesetzbuches, der sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe stellte, ist zwar 1969 liberalisiert, aber erst 1994 abgeschafft worden.

Bei Sängern, die fortwährend von der Liebe zu bezaubernden Frauen sangen, hätte ein öffentliches "Coming-out" höchstwahrscheinlich das umgehende Karriereende bedeutet. In einer Szene überreden daher drei glatzköpfige Plattenfirmenbosse ihren Goldesel, eine Scheinehe einzugehen, weil sich die Fanszene frage, wieso ausgerechnet der ungewöhnlich attraktive Star keine Frau habe. Folgsam heiratete er also seine Cousine, die damit wohl eine Ehe zu dritt einging: Für Praunheim gibt es keinen Zweifel, dass Rex Gildos Entdecker und Manager Fred Miekley (Ben Becker) auch sein Lebensgefährte gewesen sei.

Dessen Tod 1988, das legt zumindest der Film nahe, war der Anfang vom Ende.
Der Stern des Stars war schon damals im Sinkflug, Schlager waren als dominante Musikfarbe in den populären Radiowellen längst verdrängt. Gildos Versuch, auch jenseits der fünfzig noch als stets perfekt gebräunter jugendlicher Liebhaber mit strahlend weißen Zähnen und voller dunkler Haarpracht (längst ein Toupet) durchzugehen, wirkte zunehmend bizarr; Tabletten und Alkohol taten ein Übriges.

Kai Schumann verkörpert den gealterten Sänger entsprechend anrührend (den jungen Gildo spielt der Musicaldarsteller Kilian Berger). Der Tod des Stars wird für immer ein Rätsel bleiben: Im Oktober 1999 erlag er den Verletzungen, die er sich bei einem Sturz aus dem zweiten Stock zugezogen hatte. Suizid oder tragisches Unglück? Man wird es nie erfahren. Praunheim überlässt die Deutung einer Journalistin, die den Sänger gut kannte und versichert, er hätte sich garantiert nicht das Leben nehmen wollen.