TV-Tipp: "2 unter Millionen" 

© Getty Images/iStockphoto/vicnt
13. Januar, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "2 unter Millionen" 
Jeder Lottogewinn ist mit einem gutgemeinten Rat versehen: Leben Sie Ihr Leben am besten so weiter wie bisher. Tatsächlich lehrt die Erfahrung, dass sich der unverhoffte Reichtum allzu rasch in Luft auflöst, weil viele Gewinner der Devise des nordirischen Fußballstars George Best folgen: "Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst."

Natürlich gibt es auch für diese Situation den passenden Kalenderspruch: "Wie gewonnen, so zerronnen"; und davon erzählt die Tragikomödie "2 unter Millionen". Dabei will Henry Lafers (Oliver Mommsen), Hauptfigur des Drehbuchs von Lothar Kurzawa und Claudia Kratochvil, genau diesen Fehler vermeiden, aber kaum hat der rechtschaffene Hamburger Paketbote Glück im Spiel, folgt prompt das Pech in der Liebe: Nach 21 Ehejahren eröffnet ihm Ehefrau Ellen (Jule Böwe), dass sie ihn verlassen wird.

Natürlich ist Henry zunächst geschockt, aber der Lottogewinn ist als Trostpflaster nicht zu unterschätzen, zumal mit Kollegin Mona Kubelik (Nadeshda Brennicke) bereits eine potenzielle Nachfolgerin bereitsteht. Weil Henry und Ellen eine klassische Zugewinngemeinschaft bilden, müsste er ihr allerdings die Hälfte seines Vermögens abtreten, also will er verhindern, dass sie die Scheidung einreicht, was Mona wiederum falsch versteht.

Hätte "2 unter Millionen" nur diese Ebene zu bieten, wäre der Film trotzdem noch kurzweilig, zumal es großen Spaß macht, dem Ensemble zuzuschauen. Der Handlungskern wäre jedoch überschaubar, selbst wenn das Drehbuch auch dank der Nebenfiguren einige zusätzliche Handlungsstränge zu bieten hat: Henrys Tochter Flo (Anna-Lena Schwing) will eine teure Journalistenschule besuchen, die sich ihre Eltern bislang nicht leisten konnten, und als herumspricht, dass es im Kiez einen frischgebackenen Millionär gibt, ergreift Henrys Kollege Buballa (Kailas Mahadevan), der in Wirklichkeit bloß knapp 150 Euro gewonnen hat, die Gelegenheit und lebt fortan auf großem Fuß, allerdings auf Pump, was er prompt bitter büßen muss. 

Um der Geschichte einen zusätzlichen Dreh zu geben, führen Kurzawa und Kratochvil – er hat die erste Version geschrieben, sie die zweite – eine weitere Figur ein: Feelgood ist ein enorm talentierter Traber, der seit geraumer Zeit unter seinen Möglichkeiten bleibt.

Henry träumt seit der Kindheit davon, ein Trabrennen zu gewinnen. Dafür ist es natürlich zu spät, aber als Feelgood, dessen Karriere er seit Jahren verfolgt, zum Verkauf steht, greift er zu. Auf diese Weise eröffnet sich ihm auch dank der bisherigen Besitzerin (Anne Schäfer) eine ganz neue Welt, in der ihm dennoch prompt Ellen wieder über den Weg läuft. Ihr neuer Freund und sie arbeiten für einen Catering-Service und wollen sich selbstständig machen; deshalb könnte sie ihren Anteil an der Million, von der sie nach wie vor nichts weiß, auch ziemlich gut gebrauchen. 

Zu Kurzawas besten Arbeiten gehören die mit Jan Fedder verfilmten Siegfried-Lenz-Adaptionen "Die Auflehnung", "Das Feuerschiff", "Der Mann im Strom" sowie zuletzt "Arnes Nachlass" (alle NDR); Kratochvils Filmografie ist geprägt von "Katie Fforde"-Filmen für das "Herzkino" des ZDF.

Regie führte Matthias Tiefenbacher, dessen Arbeiten in der Regel grundsätzlich sehenswert sind; er hat unter anderem alle Episoden der schwarzhumorigen Krimireihe "Schwarzach 23" und die "Extraklasse"-Filme mit Axel Prahl als Abendschullehrer (alle ZDF) inszeniert. Gemeinsam mit dem ähnlich erfahrenen und nicht minder renommierten Kameramann Hanno Lentz hat der Regisseur auch dank der Unterstützung durch die fröhliche Musik (Andreas Schäfer) und gelegentliche Farbfilter dafür gesorgt, dass die hellen, freundlichen, bunten Bilder eine ausgesprochen positive Stimmung vermitteln.

Den Rest besorgen die auch in kleinsten Nebenrollen treffend besetzten Figuren. Sehr präsent sind zum Beispiel Bo Hansen als Barbesitzer und Carolin Spiess als Tratschtante mit Kiosk. Tristan Seith, sonst gern als Gute-Laune-Bär besetzt, spielt Henrys nur bedingt gutmütigen Chef ("Schau’ dir dieses Gesicht an: So sieht eine Abmahnung aus"), dem Tiefenbacher dennoch einen Rest an Sympathie gönnt, obwohl der Mann einem neuen Mitarbeiter einen Teil des Trinkgelds abnimmt.

Natürlich schwebt über der Geschichte die wenig überraschende Botschaft, dass Geld allein nicht glücklich macht, weshalb Henry schließlich zwar reich, aber einsam ist, aber ebenso selbstredend fügt sich am Ende alles zum Guten; und Mommsens gemeinsame Szenen mit dem Pferd sind ohnehin das pure Glück.