Präses Latzel in Sorge vor Lützerath-Räumung

Aktivisten hinter einem Holzkreuz
© Thomas Banneyer/dpa
Aktivisten stehen am 2.1.2023 an einer Barrikade vor der geplanten Räumung des Dorfes Lützerath.
Proteste gegen Kohle-Tagebau
Präses Latzel in Sorge vor Lützerath-Räumung
Die Evangelische Kirche im Rheinland setzt sich für eine friedliche Austragung des Konflikts um das Dorf Lützerath ein, das für die weitere Ausdehnung des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler abgebaggert werden soll.

"Es darf nicht wie beim Konflikt um den Hambacher Forst zu Verletzten und sogar einem Toten kommen", sagte der leitende Theologe der rheinischen Kirche, Präses Thorsten Latzel, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Polizei begann dort am Montag mit Vorbereitungen für die geplante Räumung des Ortes, der Berichten zufolge von mehreren hundert Klimaaktivisten besetzt ist.

"Ziel muss es sein, auch an dieser Stelle eine tiefgreifende ökologische Transformation zu schaffen und zugleich den sozialen Zusammenhalt zu bewahren", sagte Latzel. Er verwies auf den politischen Beschluss, den Braunkohleausstieg auf 2030 vorzuziehen und im Gegenzug den weiteren Kohleabbau in einem Rahmen zu erlauben, der die Abbaggerung von Lützerath einschließt. "Zugleich wissen wir alle, dass weiter Braunkohle zu verbrennen im Blick auf das Klima massiv schadet", betonte der oberste Repräsentant der zweitgrößten deutschen Landeskirche.

Auch für die rheinische Kirche mit ihren rund 2,3 Millionen Mitgliedern sei die Situation nicht leicht, weil in ihr die verschiedenen Positionen vertreten seien, sagte Latzel. Einerseits gebe es Mitglieder, die den politischen Kompromiss für richtig halten und dafür eintreten, ihn zu akzeptieren und umzusetzen. "Zugleich engagieren sich Mitglieder unserer Kirche in Bürgerinitiativen der umliegenden Gemeinden, die Lützerath erhalten wollen."

Der Klimaschutz sei ein äußerst dringliches Anliegen. Er teile deshalb die Ziele auch von Gruppen wie der "Letzten Generation", unterstrich der rheinische Präses. Aktionen wie Straßenblockaden seien aber problematisch und kontraproduktiv: "Sie gefährden einen gesellschaftlichen Konsens, den wir dringend brauchen, um die Erderwärmung gemeinsam effektiv zu begrenzen." Auf der anderen Seite sei es "falsch und eine Überreaktion, solche Gruppen zu stigmatisieren, als kriminelle Vereinigung oder gar als 'Klima-RAF' zu diffamieren oder Aktivisten 30 Tage in Schutzhaft zu nehmen". Solche Reaktionen seien unverhältnismäßig.

Latzel warb für einen "offenen Dialog mit den Menschen", zu dem auch rechtlich erlaubte Mittel des zivilen Ungehorsams gehören könnten. Dabei müsse es um das gemeinsame zentrale Anliegen gehen, die Schöpfung zu bewahren. Auch die Folgen illegitimer Aktionen sollten zur Sprache kommen: "Infragestellung des Rechtsstaates, Gefährdung eines gesellschaftlichen Konsenses beim Klimaschutz, Gefährdung von sich selbst und anderen, Gefährdung kultureller Nachhaltigkeit durch Angriffe auf Kunstwerke."