TV-Tipp: "Zimmer mit Stall: Die Waschbären sind los"

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5. August, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Zimmer mit Stall: Die Waschbären sind los"
Diesmal kriegen es die streitsüchtigen Nachbarn Sophie und Barthl nicht nur mit rabiaten Vierbeinern, sondern auch mit einer ebensolchen Gastfamilie zu tun - Pascha-Vater und hochbegabte Tochter inklusive.

Der Titel ist nicht gemogelt, weckt aber womöglich falsche Erwartungen. Es wäre auch ein bisschen einfallslos gewesen, wenn die Geschichte von Autor Philipp Weinges nicht mehr zu bieten hätte als eine Handvoll Waschbären, die auf dem Fuchsbichlerhof für allerlei heiteren Trubel sorgen.

Tatsächlich erfüllen die putzigen kleinen Racker nur die Funktion von Pausenclowns. Die echten Episodenhauptfiguren sind die Mitglieder einer Prollfamilie aus Berlin, bei deren Gestaltung Weinges fröhlich alle nur denkbaren Klischeeregister gezogen hat. Auf diese Weise ist eine "Culture Clash"-Komödie der besonderen Art entstanden: Diesmal prallen nicht fremdländische Kulturen aufeinander, sondern zwei grundverschiedene Formen deutscher Lebensart.

"Die Waschbären sind los" (eine Wiederholung aus dem Jahr 2020) ist der fünfte Film mit Aglaia Szyszkowitz und Friedrich von Thun als zerstrittene Nachbarn. Die frühere Flugbegleiterin Sophie hat einen oberbayerischen Bauernhof erworben und daraus eine Pension gemacht, muss jedoch damit leben, dass der Bruder des Verkäufers ein Wohnrecht im Stall genießt. Der alte Barthl ist ein Dauergrantler, aber Sophie ist auch nicht auf den Mund gefallen: Das ist der denkbar schlichte Handlungskern der Komödienreihe "Zimmer mit Stall".

Für die Episodengeschichten sorgen die jeweiligen Pensionsgäste. Diesmal erwartet Sophie eine bedürftige Mutter mit Kind, aber Janine Brieschke (Anna Thalbach) reist in Begleitung eines ganzen Trosses an. Dazu gehört neben ihren drei Kindern von drei Vätern auch der aktuelle Lebensabschnittsgefährte Axel (Gerdy Zint), Typ arbeitsloser Arbeitsloser: Der Mann leidet angeblich unter einem Trauma, seit er vom Gerüst gefallen ist. Er liegt Janine auf der Tasche, markiert aber trotzdem den Pascha; kein Wunder, dass ihre Kinder ihn bloß Zecke nennen.

Eigentliches Thema der Komödie ist jedoch die Emanzipation, und das hat Weinges ausgesprochen geschickt eingefädelt. Unversehens findet sich Sophie in einer Rolle wieder, zu der sie wie die Jungfrau zum Kind gekommen ist: Sie fordert Amtsinhaber Ludwig Fuchsbichler (Christian Hoening) bei der Bürgermeisterwahl heraus.

Barthls arroganter Bruder war schon im dritten Film ("Berge versetzen") ein würdiger Gegenspieler. Sophie hat im Grunde keinerlei politische Ambitionen, aber als Ludwig sie provoziert, stellt sie sich anstelle der mitten im Wahlkampf schwer erkrankten Kandidatin zur Verfügung. Weil sie ihre Kampagne komplett auf Frauenpower ausrichtet, kommt es im beschaulichen Wiesenried prompt zur Spaltung zwischen Männer und Frauen, was Weinges nutzt, um ein paar Verbeugungen vor der Aristophanes-Komödie "Lysistrata" einzubauen; selbst die Gattin (Minh-Khai Phan-Thi) des Amtsinhabers schlägt sich angesichts von Ludwig miesen Methoden auf Sophies Seite.

Den Bogen zum zweiten Handlungsstrang schlägt Weinges mit Hilfe von Janines Tochter: Die kleine Mandy (Leni Erceg) ist überdurchschnittlich intelligent und hat’s naturgemäß nicht leicht in ihrer ansonsten eher minderbemittelten Familie. Barthl freundet sich mit dem Mädchen an und will dafür sorgen, dass Mandy auf eine Schule für hochbegabte Kinder kommt; aber dafür muss sich ihre Mutter erst mal von Alex emanzipieren.

Weinges hat das Drehbuch recht episodisch konzipiert, sodass die Handlung mitunter etwas abrupt die verschiedenen Erzählstränge wechselt, aber das tut dem Vergnügen keinerlei Abbruch, zumal schon allein die Dialoge ein Genuss sind. Regie führte Michaela Kezele; sie hat zuvor mit "My Beautiful Country" (2013), einer Liebesgeschichte zwischen einer Serbin und einem Albaner während des Kosovokrieges, überhaupt erst einen Langfilm gedreht.

Der Kontrast zwischen dem Kinodrama und der TV-Komödie könnte kaum größer sein, aber die Regisseurin hat dem Film genau das richtige Tempo gegeben. Mit Bravour hat sie außerdem gleich zwei Herausforderungen gemeistert, vor denen Regisseure großen Respekt haben: Dreharbeiten mit Kindern und mit Tieren gelten als besonders kompliziert, aber Kezele hat vor allem die jungen Darsteller ganz ausgezeichnet geführt; gerade Line Erceg hat einige recht komplizierte Sätze.

Die Arbeit mit den Waschbären war dagegen vermutlich nicht ganz so leicht, aber der Aufwand hat sich gelohnt; die immer wieder im Hintergrund durchs Bild wackelnden drolligen Tiere sind selbstredend die heimlichen Stars dieses Films, der auch dank kleiner vieler heiterer Nebenebenen für ausgesprochen gute Laune sorgt.