Erste Kinderkathedrale in Hamburg eingeweiht

Kindergottesdienst in Hamburg
© Mats Nowak
Alles ist bereit für den Kindergottesdienst in der Simeonkirche in Hamburg-Bramfeld. Dort ist am Sonntag die erste Kinderkathedrale Hamburgs eröffnet worden.
Gottesdienst mit Bischöfin Fehrs
Erste Kinderkathedrale in Hamburg eingeweiht
Mehr Raum für Kinder: Das ist das Ziel der Gemeinde der Simeonkirche in Hamburg-Bramfeld. Dort ist am Sonntag, später als zunächst geplant, die erste Kinderkathedrale Hamburgs eröffnet worden. Zunächst standen aber nicht alle Gemeindemitglieder hinter dieser Idee.

Noch ist es ruhig in der Simeonkirche in Hamburg-Bramfeld. Doch bald strömen Jung und Alt ins Innere. Alle sind gespannt, wie sich "ihre" Kirche verändert hat. Auf der linken Seite stehen – wie gewohnt – Kirchenbänke in Reih und Glied. Doch gerade als die jungen Besucher:innen die rechte Seite erblicken, werden ihre Augen groß und strahlen. Schnell stürmen sie zu Kindertischen, werfen sich auf die gemütlichen Sitzsäcke oder wagen sich ins Tipi. Die Erwachsenen nehmen entspannt auf den Stühlen dazwischen Platz – ein ganz neuer Aufbau.

Doch die Idee kam zunächst nicht bei allen Gemeindemitgliedern gut an: "Anfangs waren einige Mitglieder der Kerngemeinde schon sehr skeptisch. Bänke aus den Kirchen zu entfernen ist eine große Sache. Noch schwieriger ist es jedoch, die Bänke aus den Köpfen zu entfernen. Die Menschen haben ein Bild von Kirche, das lange geprägt ist. Außerdem haben sie sich im ursprünglichen Kirchraum wohl gefühlt", sagt Gemeindepastorin Gwen Schwethelm. "Überzeugt hat sie aber schnell, wie freundlich und einladend dieser Raum durch die Veränderungen geworden ist."

Ihre Kollegin Christina Hitscher-Klesczc betont, wie viel lebendiger die Gottesdienste seither geworden sind. Außerdem meint sie, dass diese Veränderung nicht nur den Kindern guttut: "Der Kirchraum richtet sich viel stärker an Kinder und Jugendliche, aber auch an Erwachsene. Denn was für Kinder und Jugendliche gut ist, ist auch für Erwachsene gut. Davon bin ich fest überzeugt."

Die Idee zur Kinderkathedrale hatte Pastorin Antoinette Lühmann, die in der Fachstelle "Kindergottesdienst" Nordkirche tätig ist. Sie erzählt, dass es auch in Finnland Kinderkathedralen gibt. Bei den Kolleg:innen stünden ebenso kleine Erzähltische in der Kirche und die Kinder würden stark in Entscheidungen miteinbezogen: "Diesen Ansatz haben wir aufgegriffen und durch einen 'Werkstattcharakter' ergänzt. So können die Kinder die Geschichten, die sie im Gottesdienst gehört haben, kreativ darstellen."

v. l. n. r.: Pastorin Gwen Schwethelm, Pastorin Antoinette Lühmann, Pastorin Christina Hitscher-Klesczc und Bischöfin Kirsten Fehrs freuen sich über die Einweihung der Kinderkathedrale.

Doch wie wird die Kinderkathedrale genutzt und wie gut kommen die Angebote der Gemeinde an? Darüber berichtet Gwen Schwethelm: "Einerseits laden wir Kita- und Schulkinder, vor allem aus der Region, viermal im Jahr zu sogenannten Erzählwerkstätten ein, wo die Kinder an den Tischen biblische Geschichten, orientiert am Kirchenjahr, erleben können. Zu den Erzählwerkstätten kamen inzwischen mehr als 1.000 Kinder. Einige Gruppen kommen auch mehrmals und freuen sich sehr auf diesen Ausflug. Zudem gibt es einmal pro Woche ein offenes Angebot, bei dem die Kinder mit ihren Eltern und Großeltern kommen und spielen können. Dabei sind jedes Mal rund 40 Kinder zu Gast."

Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck, zeigt sich ebenso begeistert vom revolutionären Projekt: "Die Kinderkathedrale ist unglaublich lebendig. Wir haben im Gottesdienst gemerkt, wie Alt und Jung gemeinsam feiern und alle sich berührt und angesprochen sowie in einer geistvollen Weise ermutigt fühlen." 

Die Bischöfin betont die Veränderungen der Kirche und lobt den Kirchengemeinderat. Er habe nicht nur das Gebäudekonzept, sondern auch das Gemeindekonzept neu entworfen. "Ich finde es für uns als Gesamtkirche einen guten Weg, den man auch im übertragenen Sinne aufnehmen sollte. Den Kindern ganz bewusst Raum geben und sich dann von dem Spiel der Gedanken anstecken lassen", sagt Kirsten Fehrs.

Außerdem sieht sie mit Blick auf die Zukunft wegweisende Elemente, die über die einzelne Gemeinde hinausweisen und die Nordkirche beeinflussen können: "Wir sind momentan in Zukunftsprozessen und fragen uns, wie wir in der Welt und in der Gesellschaft als Kirche unseren Auftrag gut erfüllen können. Diese Kinderkathedrale hat für mich genau diese Ausstrahlung. Wir gucken auf die Kleinen, achten auch das Kleine nicht gering und sind bei den Familien."

Die Familien haben, so glaubt Fehrs, eine sehr hohe Segenssehnsucht. In der Pandemie und jetzt zur Kriegszeit ist dies ihrer Ansicht nach ganz besonders deutlich geworden: "Gerade die Familien haben viel zu tragen und fühlen eine starke Verantwortung für ihre Kinder. In Kriegszeiten wollen sie ihren Kindern auch Ängste nehmen. In dieser ganzen schweren Verantwortung als Kirche bei den Familien zu sein, drückt sich für mich auf ganz besondere Weise in dieser Kinderkathedrale aus."