TV-Tipp: "Rückkehr nach Rimini"

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19. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Rückkehr nach Rimini"

Im wahren Leben kommt das vermutlich eher selten vor, aber viele Filme leben von der schockierenden Erkenntnis, dass der Mensch, den man in- und auswendig zu kennen glaubte, mit einem Mal ungeahnte Seiten offenbart; oft jedoch erst nach seinem Ableben, sodass ein klärendes Gespräch nicht mehr möglich ist.

Als den Rentner Helmut (Karl Fischer) Post aus dem Jenseits erreicht, die gar nicht für ihn bestimmt war will er den Dingen dort auf den Grund gehen, wo alles vor fünfzig Jahren seinen Anfang genommen hat: in Rimini. Der Einfachheit halber heißt diese heiter-besinnliche Komödie auch so: "Rückkehr nach Rimini". Und weil es viel interessanter ist, gleich mehrere Personen mit ihrer Vergangenheit zu konfrontieren, lässt sich Helmut, wenn auch widerstrebend, in seinem alten Mercedes von seinen Freunden Peter (Rainer Bock) und Edgar (Bernhard Schütz) begleiten, denn die waren damals ebenfalls mit dabei. Diese Reise in die Vergangenheit wird das Leben der drei Männer gründlich verändern; allerdings völlig anders, als sie erwarten.

Damit die Geschichte keine reine Männersache ist, bringt Drehbuchautorin Kerstin Pistorius noch zwei Frauen ins Spiel. Genau genommen sind es drei. Helmuts Frau lebt zwar nicht mehr, aber sie hat die ganze Geschichte mit ihren Briefen, in denen sie sich kurz vor ihrem Tod von den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verabschiedet hat, ins Rollen gebracht; darunter war auch ein Schreiben an einen Priester, aus dem hervorgeht, dass Helmut nicht der Vater seiner fünfzigjährigen Tochter Fritzi (Miriam Maertens) ist. Die Gattin war Peters Schwester, dessen Frau Maria (Lena Stolze) hat die Briefe zur Post gebracht, und einer ging nach Rimini.

Also machen sich auch Maria und Fritzi, der nun klar wird, warum sie sich ihrem Vater immer fremd gefühlt hat, kurzerhand und voller Sorge auf den Weg nach Italien, denn Helmut hat eine Pistole aus seiner Waffensammlung mitgenommen; und nun geht der Film erst richtig los.

Das Tempo ist dem Alter der Herren angemessen, aber die Geschichte ist dank der vielen Haken, die sie schlägt, überaus abwechslungsreich und entsprechend kurzweilig, zumal die Suche nach dem vermeintlichen Vater Fritzis nach dem Schema Versuch und Irrtum funktioniert.

Die drei wissen nur, dass der Mann Massimo Rossi heißt, was zu allerlei heiteren Missverständnissen führt, weil es auch einen prominenten Fußballspieler gleichen Namens gibt; deshalb bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich durchzufragen, und auch das ist leichter gesagt als getan, denn das angeblich gute Italienisch von Edgar, der ein wenig zur Prahlerei neigt, erweist sich als wenig hilfreich.

Auf diese Weise erlebt das Trio diverse Begegnungen und trifft dabei immer wieder auf Menschen, die sich noch lebhaft an sie erinnern können; wenn auch nicht nur im Guten. Der Film wechselt ohnehin mehrfach sein Vorzeichen: Er beginnt als Road-Movie, wandelt sich dank vieler schöner Postkartenmotive und passender Canzoni von Umberto Tozzi oder Adriano Celentano zur Urlaubskomödie und wird gegen Ende recht romantisch.

Über allem schwebt zudem mehr als nur ein Hauch von Melancholie, schließlich weckt die Reise viele Erinnerungen an die Jugendjahre des Trios, weshalb auch diverse englischsprachige Popklassiker erklingen. Ein kleiner musikalischer Höhepunkt ist ein abendlicher Auftritt der drei auf der Strandpromenade, als sie spontan Songs der Beatles und der Stones anstimmen; so lässt sich auch die Reisekasse auffüllen, denn zwischenzeitlich sind Helmut und Peter ihrer Barschaft beraubt worden.

Die drei Hauptdarsteller sind ohnehin ein großes Vergnügen, zumal es die drei sicherlich auch dank Regisseurin Sarah Winkenstette vermieden haben, dass ihre Rollen durch die potenzielle Klischeehaftigkeit der Figuren dominiert werden: Peter, ein pensionierter Polizist, ist der Bedenkenträger der Gruppe und laut seiner Nichte ein "Kontroletti vor dem Herrn", während sich Edgar, der ewige Schwerenöter, seiner gesperrten Kreditkarte zum Trotz stets auf der Sonnenseite des Lebens wähnt.

Schließlich lässt Pistorius, deren Auftakt zur ZDF-Reihe "Gipfelstürmer – Das Berginternat" (2019) im Wesentlichen eine Kombination aus den üblichen "Helferin mit Herz"-Klischees mit Alpenkulisse und Internatsromantik war, die Geschichte in ein Ende voller Überraschungen münden, denn die Rimini-Romanze, die zur Zeugung Fritzis führte, war damals keineswegs die einzige Urlaubsliebe. Winkenstette hat zuletzt fürs ZDF "Ein Sommer an der Moldau" (2020) gedreht, ein sehenswertes romantisches Melodram mit Alina Levshin als Privatdetektivin, die in Tschechien ihr Leben überdenkt. Ihr Regiedebüt "Zu weit weg" (2020, Kino) war ein mehr als sehenswerter Familienfilm über zwei Jungs, die auf unterschiedliche Weise ihre Heimat verloren haben.