Militärseelsorger verurteilen Ukraine-Krieg

Bernhard Felmberg, der evangelischer Militärbischof, Landesrabbiner Zsolt Balla und der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck  in der Leipziger Synagoge
© epd-bild/Jens Schlueter
Bernhard Felmberg, der evangelischer Militärbischof, Landesrabbiner Zsolt Balla und der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck haben den russischen Angriff auf die Ukraine in einer gemeinsamen Erklärung verurteilt. (Archivbild in der Leipziger Synagoge)
Gemeinsame Erklärung zum Krieg
Militärseelsorger verurteilen Ukraine-Krieg
Bischof Overbeck: Sicherheitspolitik neu denken
Die evangelische, katholische und jüdische Militärseelsorge haben den russischen Angriff auf die Ukraine in einer gemeinsamen Erklärung verurteilt. Mit dem Beginn des Krieges muss nach Ansicht des katholischen Militärbischofs Franz-Josef Overbeck die Sicherung von Frieden und Freiheit in Europa neu gedacht werden.

"Der Krieg muss enden. Frieden muss werden", heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Papier, das vom evangelischen Militärbischof Bernhard Felmberg, seinem katholischen Amtskollegen Franz-Josef Overbeck und Militärbundesrabbiner Zsolz Balla unterzeichnet wurde.

Die Militärseelsorge stehe an der Seite der Soldat:innen der Bundeswehr, heißt es in der Erklärung weiter. "Die Sicherung von Frieden und Freiheit ist eine reale Herausforderung", heißt es darin. Sie sei "für unsere Lebensweise existentiell bedeutsam". Die europäische Friedensordnung sei ein großes Geschenk. Dieses gelte es zu bewahren. "Der Angriff stellt diese Friedensordnung einseitig massiv infrage", erklären die Militärseelsorger.

"Wir sind in einer neuen Realität angekommen", sagte der Ruhrbischof Overbeck der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag). "Und das bedeutet, mit der Wirklichkeit eines Krieges nicht nur zu rechnen, sondern auch damit umgehen zu müssen." Dort, wo Ideologien Menschen verblendeten, sei oft der Abgrund nahe: "Und das sehen wir gerade. Wahrscheinlich hilft dann nur noch Druck und Entschiedenheit", sagte der 57-Jährige. Nach seinen Worten habe zudem der Beschluss der Regierungskoalition, mit 100 Milliarden Euro die Bundeswehr zu stärken, gezeigt, dass die bisherige Friedenspolitik so nicht weitergeführt werden könne.

"Frieden als ein Werk der Gerechtigkeit"

Frieden sei nach biblischem Verständnis ein Werk der Gerechtigkeit, führte Overbeck aus. "Von daher kann es durchaus Kriege geben, die der Wiederherstellung von gerechten Zuständen dienen. Aber nur, um allein dieses Ziel zu erreichen - und nicht, um andere Länder zu erobern, Menschen zu ermorden, Recht zu brechen, die Würde der Menschen mit Füßen zu treten." Ein solcher Krieg könne niemals gerecht sein, betonte der Militärbischof und Ruhrbischof.

Im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sieht Overbeck die "Fratze des Bösen". Wladimir Putins Androhung einer Nutzung von atomaren Waffen führe vor Augen, dass mittlerweile wirklich nichts mehr unmöglich sei. "Und ich kann gut nachvollziehen, dass diese Situation Menschen Angst macht." Gemeinsames Beten in den Kirchengemeinden könne hier Hoffnung vermitteln. "Mit dieser Hoffnung müssen wir immer wieder entschieden für das Gute eintreten, für Frieden und Versöhnung", betonte der Ruhrbischof.

Der Friedensbeauftragte und der Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatten bereits am Mittwoch den militärischen Angriff russischer Streitkräfte auf die Ukraine als "eklatanten Völkerrechtsbruch" verurteilt. "Durch diesen Angriff wird die gesamte Sicherheitsarchitektur nicht nur nach dem Ende des Kalten Kriegs in Frage gestellt, sondern auch alle Bemühungen des Aufbaus einer internationalen Friedensordnung unter Herrschaft des Rechts nach Ende des Zweiten Weltkrieges", erklärten Landesbischof Friedrich Kramer und Militärbischof Bernhard Felmberg in einer gemeinsamen Stellungnahme zum Krieg in der Ukraine am Mittwoch in Berlin.

"Ehrlicher Dialog führt zum Schweigen der Waffen"

"Das Recht des Stärkeren darf nicht die Herrschaft des Rechts ersetzen", hieß es weiter: "Wir brauchen eine Friedensordnung, in der man sich auf das Recht verlassen kann. Dorthin müssen wir wieder kommen. Wir brauchen Wege zum ehrlichen Dialog, der zum Schweigen der Waffen führt." Es müsse verhindert werden, dass dieser Konflikt weiter eskaliert und sich ausweitet, so die beiden Theologen. Dies betreffe zum Beispiel die Alarmierung der nuklearen Einheiten auf russischer Seite wie auch die Nachrichten, dass sich auch belarussische Streitkräfte an dem Konflikt beteiligen könnten.

"Auf diesem Hintergrund sind alle Bemühungen zu unterstützen, die sich um Verhandlungen zwischen den Parteien bemühen. Ziel muss es sein, die Waffengewalt so schnell wie möglich zu beenden", so Felmberg und Kramer. Die Souveränität und die Freiheit der Ukraine sei wiederherzustellen. Besonnenes Reden und Handeln gegenüber Russland sei auch weiterhin gefragt, um den Konflikt nicht noch weiter zu verschärfen. Ziel müsse es sein, gegenseitiges Vertrauen wieder aufzubauen.

Zugleich fordern Felmberg und Kramer im Ukraine-Russland-Konflikt eine Deeskalation der Sprache auf allen Seiten. "Angesichts von mancher Kriegsrhetorik sagen wir klar: Die Menschen in Russland sind nicht unsere Feinde", fügten die EKD-Beauftragten hinzu: "Wir erinnern an die vielen Friedens- und Versöhnungsinitiativen zwischen Menschen in Deutschland und Russland, der Ukraine und anderen osteuropäischen Ländern." Und: "Diese Möglichkeiten, Brücken zu schlagen, geraten jetzt unter Druck." Umso mehr gelte es, sie zu pflegen, zu bewahren und zu stärken: "Wir tun dies im gemeinsamen Verständnis, dass Krieg nach Gottes Willen nicht sein soll, und wir als Christenmenschen die Pflicht haben, für Versöhnung und Frieden einzutreten."