TV-Tipp: "Familie ist ein Fest: Taufalarm"

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Freitag, 5. November, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Familie ist ein Fest: Taufalarm"
Der Film "Taufalarm" behandelt ein ernstes Thema in heiterer Verpackung. Die Vorstellungen eines deutsch-iranischen Paares kollidieren mit den traditionellen Werten der Eltern. Das sorgt für Turbulenzen rund um die Taufe des kleinen Sohnes.

Es liegt in der Natur des Genres, dass Liebesgeschichten die Mühen der ehelichen Ebene aussparen: Sie enden mit dem Happy End. Deshalb wirkt dieser Film mit dem nach Reihenauftakt klingenden Titel "Familie ist ein Fest – Taufalarm" wie die Fortsetzung einer sogenannten Culture-Clash-Komödie im Stil von "Meine verrückte türkische Hochzeit", "Zimtstern und Halbmond" oder zuletzt "Servus, Schwiegersohn" und "Servus, Schwiegermutter": Ein deutsch-iranisches Paar hat alle potenziellen kulturellen Herausforderungen überwunden und könnte nun glücklich bis ans Ende seiner Tage zusammenleben, wenn die Eltern nicht wären. Die Komödie könnte auch "Familie ist kein Wunschkonzert" heißen, aber dieser ähnlich einfallslose Titel war schon vergeben: So hieß der erste Film, den Regisseur Sebastian Hilger für die ARD-Tochter Degeto gedreht hat. Sein TV-Debüt erzählte die tragikomisch umgesetzte Geschichte einer jungen Frau, die rausfindet, dass sie nicht die leibliche Tochter ihres Vaters ist.

Auch "Taufalarm" behandelt ein ernstes Thema in heiterer Verpackung: Kaum hat Viola (Amelie Kiefer) ihr erstes Kind zur Welt gebracht, beginnen die Probleme. Dass das Baby Linus heißen soll und nicht etwa, wie es iranische Tradition ist, den Namen seines Großvaters Masud bekommt: Damit kann Faraz (Reza Brojerdi) leben. Das Paar ist weder aktiv religiös noch verheiratet, der Nachname des Kindes lautet also ohnehin nicht Mandipur, sondern Helmrich. Die Großeltern sind allerdings weniger tolerant: Für Anoushe und Masud (Sima Seyed, Ramin Yazdani), die vor vierzig nach Deutschland eingewandert sind, versteht es sich von selbst, dass Linus, den sie hartnäckig Lunis nennen, beschnitten wird; Opa Masud hat dem Baby in einem unbeobachteten Moment bereits das muslimische Glaubensbekenntnis ins Ohr geflüstert. Für Violas Eltern Beatrice und Holger (Victoria Trauttmansdorff, Dominic Raacke) steht dagegen außer Frage, dass das Kind getauft wird; Beatrice hat bereits alles in die Wege geleitet. Natürlich kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen, und selbstredend übertragen sich die Spannungen auch auf Viola und Faraz. Am Ende obsiegt Familie Helmrich, zumal Holger offenbar ohnehin gewohnt ist, seinen Willen durchzusetzen. Aber dann kommt es während der Taufe zu einem Ereignis, das völlig neue Voraussetzungen schafft.

Wie in den meisten Komödien dieser Art sind es die äußeren Umstände, die schließlich zur Folge haben, dass sich die Liebenden entzweien. In dieser Hinsicht orientiert sich der Film am klassischen Romanzenmuster: Das Paar muss eine letzte große Hürde überwinden, um zu beweisen, dass es seiner Liebe würdig ist. Ebenfalls Teil des Musters ist die Überzeichnung der Eltern, die nicht in der Lage sind, Kompromisse einzugehen. Aus dieser Übertreibung bezieht das Drehbuch (Julie Fellmann, Stefani Straka) zwar sein komisches Potenzial, aber sie hat auch zur Folge, dass beide Großelternpaare nicht nur unsympathisch, sondern auch nicht stimmig sind: Die Mandipurs sind damals mutmaßlich vor der Religionsdiktatur der Mullahs geflohen; nun verhalten sie sich ganz ähnlich. Das ist natürlich inkonsequent, lässt sich aber immerhin mit dem Wunsch erklären, dass ihre Kultur nicht vollständig verloren gehen möge. Die Helmrichs hingegen sind grundsätzlich übergriffig: Holger schenkt seiner Tochter eine Wohnung, deren Einrichtung Beatrice kurzerhand selbst übernimmt; Faraz wird gar nicht erst gefragt, zumal er zur Beerdigung seines Großvaters im Iran weilt. Während Victoria Trauttmansdorff die perfekte Besetzung für die Rolle der bestimmenden Mutter ist, will Dominic Raacke mit seiner Attitüde eines gut gealterten Popstars nicht recht zur Figur des klassischen Patriarchen passen. Dass Holger sein Architekturbüro im Stil eines Tyrannen führt, bleibt zudem bloße Behauptung seines zweiten Schwiegersohns. Dieser Max, ein verkappter Rocker, ist dafür eine umso interessantere Figur, zumal Denis Schmidt wie der kleine Bruder von Ronald Zehrfeld aussieht.

Hilgers Umsetzung dieser Geschichte, die durch einen gänzlich unerwarteten Schluss erfreut, ist allerdings recht flott; die Musik sorgt für zusätzliches Tempo. Der Regisseur hat zuletzt ebenfalls im Auftrag der Degeto die romantische Komödie "Liebe verjährt nicht" (2020, mit Heino Ferch und Tanja Wedhorn) gedreht. "Familie ist ein Fest" ist ohnehin schon allein als Denkanstoß sehenswert, und zwar sowohl für junge wie für alte Eltern: Die einen müssen lernen, eigene Wege zu gehen, die anderen, loszulassen. Ein Drehbuch für eine Fortsetzung wird bereits entwickelt; ob es auch umgesetzt wird, hängt vom Erfolg des Films ab.