TV-Tipp: "Die Diplomatin in Rom: Tod einer Nonne"

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23. August, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Diplomatin in Rom: Tod einer Nonne"
"Tod einer Nonne", der achte Film mit Natalia Wörner als Botschafterin, ist längst nicht so packend wie der Thriller "Vermisst in Rom" (2023), der Karla Lorenz mit einer unheiligen Allianz aus Kirche, Politik und Mafia konfrontierte.

Klöster haben die Menschen schon immer fasziniert. Weil Außenstehende keinen Zutritt hatten, ließ sich allerlei in die Welt hinter den Mauern hineinfantasieren. Kein Wunder, dass Krimis spätestens seit Umberto Ecos Klassiker "Der Name der Rose" (1980) gern im Kloster spielen. Da die Kirchen von immer wieder neuen Missbrauchsskandalen erschüttert werden, liegt es fast nahe, Schauplatz und Thema miteinander zu kombinieren. "Tod einer Nonne", der achte Film mit Natalia Wörner als Botschafterin, ist allerdings längst nicht so packend wie der Thriller "Vermisst in Rom" (2023), der Karla Lorenz mit einer unheiligen Allianz aus Kirche, Politik und Mafia konfrontierte.

Ihr damals schwer verletzter Freund Jan (Alexander Beyer) sitzt nun im Rollstuhl und hadert mit seinem Schicksal, weil er die gemeinsame Wohnung nicht ohne Hilfe verlassen kann. Rebecca Mahnkopf widmet der Beziehung des Paars in ihrem zweiten Drehbuch (nach "Mord in St. Petersburg, 2021) für die 2016 gestartete Reihe viel Zeit, zumal fraglich ist, ob die Liebe dieser Belastung standhält. Das ist zwar nicht sonderlich aufregend, enthält aber neben der emotionalen Spannung auch eine kriminalistische Ebene, die wiederum weiteres Konfliktpotenzial birgt: Jan will natürlich wissen, wer hinter dem Attentat auf ihn steckt; Karla ist überzeugt, dass die Drahtzieher nie gefasst werden.

Im Mittelpunkt der Handlung steht jedoch der titelgebende Todessturz einer Nonne. Schwester Luisa war Mitglied eines deutschen Ordens. Die Patroninnen der Jungfrau Maria gelten als fortschrittlich, doch auch hier sind Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam oberstes Gebot. Ein früherer Freund Luisas bittet Karla um Hilfe. Die junge Frau wollte das Kloster verlassen; er ist überzeugt, dass sie missbraucht worden ist. Tatsächlich erhält die Botschafterin von einer mit dem Opfer befreundeten Nonne, Sophia, ein Video, das Spuren körperlicher Misshandlung zeigt. Die Oberin blockt allerdings jegliche Nachforschungen ab: Schwester Luisa habe erhebliche psychische Probleme gehabt und sich die Verletzungen selbst zugefügt.

Ohne konkrete Verdachtsmomente ist Kommissarin Ricarda Motte (Clelia Sarto), zuletzt noch Karlas Kontrahentin, mittlerweile dank einer sympathischen Grappa-Szene am Straßenrand Mitstreiterin, jedoch machtlos. Für vordergründige Spannung sorgt allein das Schicksal der angeblich nach Venezuela versetzten Sophia, wobei es fast schade ist, dass Zwischenschnitte umgehend preisgeben, was ihr wirklich widerfahren ist. Die donnernde Musik suggeriert in diesen Szenen zudem, dass die Nonne in größter Gefahr schwebt, was sich später als eins der vielen kleinen Täuschungsmanöver des Drehbuchs entpuppt.

Davon abgesehen hat Chris Bremus, gerade in der ZDF-Reihe "Die Toten vom Bodensee" ein Meister der Zwischentöne, diesmal einen eher handelsüblichen Thriller-Soundtrack komponiert. Geschmackssache ist auch die Kameraarbeit. Die Filme von Roland Suso Richter, der seit der dritten Episode alle Beiträge der Reihe inszeniert hat, zeichnen sich stets durch eine vorzügliche Bildgestaltung aus. Für "Tod einer Nonne" hat er sich gemeinsam mit seinem zumeist bevorzugten Kameramann Max Knauer eine kühle Bildsprache ausgedacht, die an TV-Reportagen erinnert, was durchaus passt, weil die Botschafterin wie eine Journalistin recherchiert.

Gerade bei Dialogen konzentriert sich die Kamera auf die Gesichter, die Bilder enthalten keinerlei Tiefenschärfe; auf diese Weise gewinnt das Herzstück des Films, ein Gespräch der Botschafterin mit einer ehemaligen Ordensschwester, enorm an Intensität. Typischen Filmmomenten – eine Person geht von A nach B – verleiht Richter durch mehrere Perspektivwechsel eine gewisse Abwechslung. Etwas manieristisch wirken dagegen die Spiegelungen der Mitwirkenden in einer Pfütze oder einer polierten Schreibtischplatte, ebenso wie die Marotte, das bei vielen Dialogszenen der Hinterkopf der einen Person beinahe den Blick auf die andere verstellt. 

Sehenswert ist der Krimi vor allem wegen zweier Gastrollen. Die Oberin könnte dank Susanne Wuests mimisch unbewegter Verkörperung als Eisheilige auch eine Figur aus einem Horrorfilm sein. Nur wenige, dafür aber umso prägnantere Szenen hat Benjamin Sadler als Kardinal und Schirmherr des Ordens, der schließlich zur tragischen Figur wird. Interessant ist die Geschichte auch aufgrund diverser Hintergrundinformationen, einerseits über das Klosterleben, andererseits über den Umgang der katholischen Kirche mit Verbrechen dieser Art, zumal die Opfer nicht nur körperlichen, sondern auch spirituellen Missbrauch erleben.