Kein Befangenheitsantrag gegen theologischen Gutachter

Bibel mit Regenbogen Lesezeichen
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Ein theologischer Gutachter soll nun prüfen, ob Latzels homophobe Äußerungen noch von der Bibel gedeckt sind. Kritiker zweifeln daran, ob der konservativ-methodistische Professor dazu geeignet ist.
Fall Olaf Latzel
Kein Befangenheitsantrag gegen theologischen Gutachter
Beim Bremer Landgericht ist nach Angaben eines Sprechers noch kein Befangenheitsantrag gegen den theologischen Gutachter im anstehenden Berufungsverfahren gegen den wegen Volksverhetzung verurteilten Bremer Pastors Olaf Latzel eingegangen.

Das Landgericht hat den Gießener Theologieprofessor Christoph Raedel als Gutachter beauftragt. Der einer Freikirche angehörende Professor soll prüfen, ob Latzels schwulenfeindliche Äußerungen noch von der Bibel gedeckt sind. Der Gerichtssprecher betonte am Montag auf Nachfrage, dass Sachverständige von den Prozessbeteiligten jederzeit wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden können.

Raedel hatte dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Nachfrage erklärt, er vertrete die Auffassung, dass "ausgelebte Homosexualität" nicht mit der christlichen Lehre vereinbar sei und als "Sünde" bezeichnet werden müsse. Die Beauftragung eines theologischen Gutachtens in einem Prozess wegen Volksverhetzung vor einem weltlichen Gericht war in der vergangenen Woche von Kirchenrechtlern, Verfassungsexperten und Theologen scharf kritisiert worden. Die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland, der Raedel angehört, distanzierte sich am Wochenende ausdrücklich von den Aussagen des Professors.

Der Sprecher des Landgerichts sagte, er könne keine genauere Auskunft zum Fortgang des Verfahrens geben und auch nicht zu der Bewertung eventueller Äußerungen. Das sei bei einem laufenden Verfahren nicht möglich. Allerdings werde das Gericht selbstverständlich "kritisch würdigen", ob "das von Herrn Raedel zu verfassende Gutachten Anlass zu Befürchtungen oder Zweifeln geben wird".

Olaf Latzel ist Pastor der evangelischen St.-Martini-Gemeinde in der Bremer Innenstadt. Im vergangenen November verurteilte ihn das Amtsgericht wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, umgewandelt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Euro. Latzel hatte nach Überzeugung des Gerichts in einem auf Youtube verbreiteten "Eheseminar" zum Hass gegen Homosexuelle aufgestachelt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Latzels Verteidiger Berufung eingelegt haben. Das Berufungsverfahren wird nach Angaben des Landgerichts vermutlich Anfang kommenden Jahres beginnen.