Ein Pionier geht - und bleibt aktiv

Evangelischer Notfallseelsorger Hanjo von Wietersheim geht in Rente
© epd-bild/Thomas Lohnes
Der Mitbegründer der Notfallseelsorge in Bayern legt die lila Weste ab und geht in Rente. Zumindest fast, denn Pfarrer Hanjo von Wietersheim wird "auch weiterhin - allerdings dann in deutlich reduziertem Umfang - in der Aus- und Fortbildung der Notfallseelsorge aktiv sein."
Kirchliche Notfallseelsorge
Ein Pionier geht - und bleibt aktiv
Drei Fragen an Pfarrer Hanjo von Wietersheim
Hanjo von Wietersheim ist ein Pionier der evangelischen Notfallseelsorge in Bayern und darüber hinaus. Der frühere Polizist und Notfallsanitäter baute ab Ende der 1980er Jahre in der bayerischen Landeskirche die Arbeit und das Netzwerk der Notfallseelsorge maßgeblich mit auf. Die Bayern waren damals die ersten mit einem solchen Angebot in der EKD. Zum Eintritt in den Ruhestand blickt der Seelsorger zurück.

epd: Herr von Wietersheim, rückblickend, wie kam es dazu, dass Sie einer der maßgeblichen Gründer der Notfallseelsorge wurden?

Hanjo von Wietersheim: In meiner Arbeit als Polizeibeamter und Rettungsassistent und später im Vikariat - der praktischen Ausbildung als Pfarrer - als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr habe ich viele Einsätze mit Todesfällen erlebt. Aber nie war jemand von der Kirche dabei. Als Vikar guckten dann immer alle mich an: Wer betet jetzt für den gerade geborgenen Toten? Wer begleitet die Polizisten, die die Hinterbliebenen benachrichtigen? Wer ist für die Angehörigen dann da? Das waren Grunderlebnisse, aus denen ich für mich den Schluss gezogen habe: Wir brauchen ein Notfallsystem für die Kirche, für die Notfallseelsorge.

In der bayerischen Landeskirche gibt es heute 600 Engagierte in der Notfallseelsorge, viele davon im Ehrenamt. Wie geht das so „nebenbei“?

von Wietersheim: Wir haben das Glück, dass unter unseren ausgebildeten Notfallseelsorgern noch sehr viele Pfarrerinnen und Pfarrer sind, die ihre Arbeitszeit recht flexibel einteilen können. Und viele weitere Engagierte haben Arbeitgeber, die dieses Ehrenamt sehr zu schätzen wissen. Es gibt aber natürlich auch Arbeitgeber, die einen dafür nicht einfach freistellen. Wichtig ist, dass die Landeskirche die Notfallseelsorge auch weiterhin als zentralen Bestandteil des seelsorgerlichen Auftrags betrachtet. Die vielen Ehrenamtlichen brauchen die personelle und finanzielle Unterstützung für diese wichtige Arbeit - auf Landes- und Dekanatsebene.

Wenn Sie jetzt demnächst in die Freistellungsphase treten, inwieweit gehen Sie dann auch im Bereich Notfallseelsorge „in Rente“?

von Wietersheim: Ich mache ja schon seit mehreren Jahren keine Primäreinsätze mehr als Notfallseelsorger. Das macht das Team vor Ort alleine - ich werde nur dazu gerufen, falls es mal Komplikationen gibt oder auch bei größeren Einsätzen. Sozusagen als „Backup“. Wir bleiben im Ruhestand in der Region, ich wohne ja mit meiner Frau in Castell, und ich werde auch weiterhin - allerdings dann in deutlich reduziertem Umfang - in der Aus- und Fortbildung der Notfallseelsorge aktiv sein. Ganz konkret freue ich mich jetzt aber erst mal darauf, zum ersten Mal überhaupt in meinem Berufsleben außerhalb der Schulferien Urlaub zu machen...