TV-Tipp: "Tatort: Rettung so nah"

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TV-Tipp: "Tatort: Rettung so nah"
7. Februar, ARD, 20.15 Uhr
Die Handlung von "Rettung so nah" wirkt, als habe sich Autor Christoph Busche, der unter anderem Drehbücher für die ARD-Reihe "Die Diplomatin" geschrieben hat, bei seinem "Tatort"-Debüt in erster Linie vor den Rettungskräften verbeugen wollen, und sich dann überlegt, wie sich das wohl als Krimi verpacken ließe.

Mit Ausnahme der nicht recht geglückten Geiselnahmegeschichte "Die Zeit ist gekommen" (2020) gehörten die jüngsten Episoden aus Dresden zu den besten "Tatort"-Beiträgen des jeweiligen Jahres. Zuletzt hat der herausragend gute und ziemlich gruselige Film "Parasomnia", in dem ein Mädchen zwischen Traum und Wirklichkeit wandelte, die Grenzen des Sonntagskrimis ausgelotet. Der vermeintliche Mafia-Film "Nemesis" (2019) war erlesen gefilmt, erzählte eine ungewöhnliche Geschichte und führte geschickt in die Irre. Zuvor hatte Cornelia Gröschel als neue Kollegin an der Seite von Karin Hanczewski einen spektakulären Einstand in dem Hochspannungs-Thriller "Das Nest" (2019, mit Benjamin Sadler als Serienmörder). Gemessen an diesen Höhepunkten fällt der insgesamt elfte "Tatort" aus Dresden und der fünfte Fall für das Duo Gorniak/Winkler weder inhaltlich noch gestalterisch aus dem Rahmen.

Der Film beginnt mit einem Mord, der wie eine Hinrichtung wirkt: Rettungssanitäter Tarek ist mit einer Plastiktüte erstickt worden, während sich seine Kollegin Greta (Luise Aschenbrenner) um eine Obdachlose gekümmert hat. Gorniak und Winkler stellen die üblichen Fragen - hatte die Tat einen fremdenfeindlichen Hintergrund, hatte Tarek Feinde? Und stoßen alsbald auf einen Mann, der kürzlich in der Rettungswache randaliert hat, weil ihm eine therapeutische Behandlung gestrichen worden ist. Diese Entscheidung hat zwar natürlich die Krankenkasse getroffen, aber ausbaden mussten es die Mitarbeiter der Wache. Mehrfach kommt zur Sprache, wie sehr sich deren Arbeitsalltag in den letzten Jahren gewandelt habe, weil die Männer und Frauen im Einsatz angepöbelt, bespuckt, mit Gegenständen beworfen oder körperlich attackiert werden. Nach der Ermordung des Kollegen haben sie erst recht Angst und verlangen Polizeischutz; einer bewaffnet sich sogar und benimmt sich prompt, als hätte er zu oft "Taxi Driver" gesehen.

Der Randalierer, ein ehemaliger Berufssoldat, ist natürlich nicht der Mörder, hat aber allen Grund dazu, mehr als bloß sauer aufs deutsche Gesundheitssystem zu sein. Als es zu einem zweiten Mord kommt, weil die Besatzung eines Rettungswagens auf perfide Weise in eine Falle gelockt wird, nehmen Winkler und Gorniak endlich Gretas diffuse Gefühle ernst: Sie fühlt sich bedroht und ist überzeugt, dass ein Fremder in ihrer Wohnung war. Laut Dienstplan hätte sie in dem verunglückten Wagens sitzen sollen, aber nach der Ermordung ihres Partners stand sie noch unter Schock. Die Ermittlungen führen zu einem sechs Monate zurückliegenden Todesfall, als Tarek und sie ein kleines Mädchen nicht retten konnten; schockiert wird Greta klar, dass sie den Vater (Golo Euler), den sie damals kaum wahrgenommen hat, gerade erst am Kindergarten ihrer Tochter angesprochen und zu sich eingeladen hat.

Auch diese Lösung wäre allerdings zu einfach; wer nicht gerade ein Kriminovize ist, wird ohnehin einen ganz anderen Verdacht haben. Die Inszenierung ist ebenfalls nicht sonderlich aufregend. Das sehenswerte Regiedebüt von Isabel Braak war die NDR-Komödie "Plötzlich Türke" (2016), in der ein junger Deutsche eine kafkaeske Ämter-Odyssee erlebt, weil er plötzlich ein Mensch ohne Nationalität ist; anschließend hat sie den ersten Film mit Anna Fischer als kriminalisierende Bestatterin auf der Schwäbischen Alp gedreht ("Die Bestatterin - Der Tod zahlt alle Schulden", 2019), eine sympathischen Heimatkrimikomödie. Ihr "Tatort"-Debüt ist dagegen ein ganz normaler Sonntagskrimi; zwar keine Zeitverschwendung, aber nach den Maßstäben der früheren Filme aus Dresden auch nichts Besonderes, zumal die Mitwirkung der Gastdarsteller nicht weiter der Rede wert ist. Richtig gut ist allerdings die sehr präsente Musik des Duos Dürbeck & Dohmen, die viele harmlose Momente mit subtiler Spannung auflädt und Greta auf einem Heimweg regelrecht vor sich her treibt.