Bischof Stäblein sieht Debatte über assistierten Suizid "zur Unzeit"

Debatte um Sterbehilfe
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Die Hilfe beim Suizid, bei dem Sterbewilligen ein todbringendes Medikament überlassen wird, ist zu unterscheiden von der aktiven Sterbehilfe, bei der ein Dritter das Mittel selbst verabreicht. Sie steht in Deutschland unter Strafe.
Bischof Stäblein sieht Debatte über assistierten Suizid "zur Unzeit"
Der Berliner evangelische Bischof Christian Stäblein hält angesichts der Corona-Pandemie die Debatte über einen assistierten Suizid als eine Form der Sterbehilfe für unzeitgemäß: "Mich erstaunt, dass in einer Zeit, in der wir gesellschaftlich dafür einstehen, das Leben jedes Einzelnen und jeder Einzelnen zu retten, diese Diskussion aufkommt."

Stäblein erklärte in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Die Kirche" (Ausgabe vom 31. Januar), er könne sich vorstellen, dass die Diskussion "ein falsches Licht auf Kirche und Diakonie wirft". Für ihn komme die Debatte zur Unzeit.

Der Präsident des evangelischen Diakonie-Bundesverbandes, Ulrich Lilie, hat sich gemeinsam mit anderen Vertretern der Kirche für die Möglichkeit zur Suizidassistenz in diakonischen Einrichtungen ausgesprochen. Offiziell lehnt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) organisierte Suizidassistenz ab. Die Hilfe beim Suizid, bei dem in der Regel Sterbewilligen ein todbringendes Medikament überlassen wird, ist zu unterscheiden von der aktiven Sterbehilfe, bei der ein Dritter das Mittel selbst verabreicht. Sie steht in Deutschland unter Strafe.

Der Berliner Bischof Stäblein argumentiert, seit Monaten seien alle Kräfte darauf ausgerichtet, "Leben zu erhalten und zu retten - gerade auch das Leben derer, die in besonderer Weise von Covid-19 betroffen sind, also alte und ältere Menschen sowie Menschen mit Vorerkrankungen". Alle Kräfte seien zudem darauf gerichtet, einen gesellschaftlichen Konsens darüber zu schaffen, dass alle Leben gleichwertig sind.

Bei der Diskussion um den assistierten Suizid gehe es den Befürwortern darum, dass ein Mensch, der unheilbar krank ist und qualvoll leidet, entscheiden darf, dass er sterben will, erläuterte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz: "Und dann dabei Anspruch auf Begleitung und Unterstützung hat." Die Befürworter des assistierten Suizids müssten aber auch klären, "welche gesellschaftlichen Erwartungen schleichend durch die Möglichkeit des assistierten Suizids entstehen". "Wann fängt es an, dass unheilbar Kranke vielleicht den Eindruck haben, es würde gesellschaftlich erwartet, dass sie nicht länger am Leben hängen?", fragte Stäblein.

Die Debatte um Suizidassistenz war durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Februar wieder aufgeflammt. Das Gericht kippte das Verbot der organisierten - sogenannten geschäftsmäßigen - Hilfe bei der Selbsttötung mit der Begründung, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben auch die Hilfe Dritter erlaube.