Verfassungsschutz: Extremisten wollen Corona-Proteste für sich nutzen

Verfassungsschutz: Extremisten wollen Corona-Proteste für sich nutzen
Tausende haben am Wochenende gegen die Anti-Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern demonstriert. Politiker zeigen viel Verständnis für die Proteste, warnen aber vor dem Einfluss von Rechtsextremen.

Laut Bundesamt für Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt versuchen Extremisten die Proteste gegen staatliche Corona-Maßnahmen für sich zu nutzen. "Wir sehen einen Trend, dass Extremisten, insbesondere Rechtsextremisten, das Demonstrationsgeschehen instrumentalisieren", sagte Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang der "Welt am Sonntag". Auch Politiker warnten vor einer Vereinnahmung der Corona-Proteste durch Rechtsextreme.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", viele Menschen seien derzeit in Sorge um ihre Existenz. Es gelte schnell zu handeln, damit sie ihren Lebensunterhalt sichern könnten. "Damit verhindern wir auch, dass Rechtsradikale und Verschwörungstheoretiker den Ton setzen." Zugleich unterstrich der Minister, dass jeder in Deutschland das Recht habe zu demonstrieren und öffentlich seine Meinung zu sagen.

Rechtsextremisten suchen Anschluss

Haldenwang sagte, was im Internet mit Propaganda, Verschwörungstheorien und Fake News begonnen habe, werde nun in die reale Welt getragen. Rechtsextremisten suchten Anschluss an bürgerliche Spektren und riefen Anhänger auf, sich aktiv in die Proteste einzubringen: "Es besteht die Gefahr, dass Rechtsextremisten sich mit ihren Feindbildern und staatszersetzenden Zielen an die Spitze der Corona-Demonstrationen stellen, die aktuell mehrheitlich von verfassungstreuen Bürgern durchgeführt werden."

Auch das Bundeskriminalamt sieht Hinweise auf rechtsradikale Aktivitäten bei den Protesten. Eine Sprecherin des Bundeskriminalamts sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS) mit Blick auf die Corona-Proteste, bislang lägen zwar noch keine Erkenntnisse über eine "koordinierte Unterwanderung durch Rechtsextreme" vor. Doch sei zu erkennen, dass diese versuchten, die "aktuelle Situation für ihre Propagandazwecke zu instrumentalisieren".

Wie die "Welt am Sonntag" berichtete, fielen bei den Protesten am Wochenende in NRW etwa Mitglieder der rechtsextremistischen "Bruderschaft Deutschland" und der sogenannten Reichsbürger auf. Das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz sprach demnach davon, dass sich Extremisten verschiedener Gruppierungen beteiligt hätten, darunter Personen, die dem radikalen "Flügel" der AfD angehörten.

Laschet zeigt Verständis für Proteste

Vor dem Einfluss Radikaler auf die Proteste warnte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), äußerte aber in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zugleich Verständnis dafür, "dass Menschen demonstrieren, wenn es zu den gravierendsten Grundrechtseinschränkungen seit dem Bestehen der Bundesrepublik kommt".

Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) zeigte dagegen wenig Verständnis für die Proteste. "Die Fakten liegen so klar auf dem Tisch, dass man sich nicht ernsthaft darüber austauschen kann, ob Corona eine Verschwörung ist", sagte der der "Bild am Sonntag". Sein sächsischer Amtskollege Michael Kretschmer (CDU), der am Samstag selbst den Kontakt zu Demonstranten gesucht hatte, sagte indes: "Wir sollten niemand diskreditieren, nur weil er anderer Meinung ist."

 

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), warnte davor, die Proteste über einen Kamm zu scheren. "Wir stellen fest, dass es ein gewisses extremistisches Mobilisierungspotenzial gibt und den Versuch, die Corona-Proteste zu unterwandern", sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND, Sonntag) in Hannover. Es gebe aber auch legitime Proteste. "Es ist schwierig, alle Proteste in Bausch und Bogen zu verdammen."

Der SPD-Fraktionschef im Bundestag, Rolf Mützenich, appellierte an Demonstrations-Teilnehmer, sich von Verschwörungstheoretikern und Extremisten zu distanzieren. "Es sollte Lernprozesse geben, mit wem man sich gemein macht und mit wem nicht", sagte er den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Sonntag). Dazu forderte in der FAS auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring Eckardt, auf.