TV-Tipp: "Meine Mutter will ein Enkelkind"

Altmodischer Fernseher vor einer Wand
Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp: "Meine Mutter will ein Enkelkind"
3.4., ARD, 20.15 Uhr
Zuletzt hat das Niveau der "Meine Mutter"-Reihe stetig abgenommen, aber überraschenderweise gelingt es Autor Christian Pfannenschmidt, die Qualität mit dem vierten Film wieder zu steigern.

Der Titel, "Meine Mutter will ein Enkelkind", spricht für sich: Eifelköchin Toni (Diana Amft) und Star-Koch Rufus (Stephan Luca) haben zwischenzeitlich geheiratet, und Mutter Heidi (Margarita Broich) findet, es sei höchste Zeit, an Nachwuchs zu denken. Der stellt sich schneller ein, als allen Beteiligten lieb ist, wenn auch völlig anders als erwartet. Der Autor bedient sich eines Kniffs, der noch jedem festgefahrenen Ensemble gut getan hat: Er führt eine neue Figur ein. Kaum ist Rufus zu einem Kochwettbewerb nach Madeira entfleucht, steht Mia vor der Tür. Das Mädchen ist die Frucht von Rufus’ Beziehung mit der im letzten Film von seiner Mutter vielbesungenen einstigen Verlobten Annette (Eva Verena Müller), die auf der Suche nach ihrer Tochter bald darauf ebenfalls vorbeischaut. Mia will endlich ihren ahnungslosen Vater kennen lernen, und da Annette einen dringenden Auslandstermin hat, darf der Teenager trotz Tonis Protesten in Heidis neu eröffneter Pension übernachten, bis Rufus zurückkehrt.

Im Grunde wäre das keine große Sache, aber Mia ist, wie Annette es formuliert, "anders begabt": Das Mädchen ist autistisch; ein Genie, wenn es um Zahlen geht, aber extrem lärmempfindlich und ausgesprochen unleidlich, wenn ihm jemand zu nahe kommt oder seine Kreise stört. Außerdem hat Mia die Gabe, in den Gesichtern der Menschen zu lesen, was in Kombination mit ihrer Angewohnheit, stets die Wahrheit zu sagen, zu einigen Konflikten führt.

Pfannenschmidt versieht seine Figuren stets mit einem klaren Vorzeichen; auch die vierte Geschichte braucht also eine Person, auf die sich die Antipathien konzentrieren können. Rufus ist weg, Annette war ohnehin nur kurz da; Heidi ist zwar eine Nervensäge, hat das Herz aber auf dem rechten Fleck. Bleibt nur noch ihre angespannte Tochter, die gegenüber dem Teenager keinerlei Empathie zeigt, unangenehm despotische Züge offenbart und sich nicht daran gewöhnen kann, dass das Mädchen seine Mitmenschen grundsätzlich beim Wort nimmt. Auf diese Weise gerät Toni zwar recht eindimensional, aber zum Ausgleich hat Diana Amft diesmal deutlich mehr Spielmaterial als zuletzt, zumal die 15-Jährige Mia eine echte Herausforderung ist. Pfannenschmidt bedient mit dieser Rolle bis hin zu den heruntergefallenen Streichhölzern, deren Anzahl das Mädchen auf Anhieb erkennt (eine Art Hommage an die Zahnstocherszene aus "Rain Man", dem bekanntesten Autismus-Drama), sämtliche aus Film und Fernsehen bekannte Klischees, aber Linda Stockfleth verkörpert die Marotten in ihrer ersten großen Rolle jederzeit glaubwürdig. Dass Mia außerdem mit Hunden kommunizieren kann, sorgt zudem für einige schöne Szenen mit dem ansonsten eher unfolgsamen Vierbeiner der Familie.

Regisseur von "Meine Mutter will ein Enkelkind" (Arbeitstitel: "Meine Mutter macht mich fertig") ist wieder Jurij Neumann, der auch schon den Reihenauftakt "Meine Mutter ist unmöglich" inszeniert hat. Am Drumherum mit den schönen Eifelbildern hat sich zwar nichts geändert, aber der Film wirkt insgesamt wieder stimmiger als die beiden letzten Episoden von John Delbridge. Für ein bisschen Abwechslung hat Pfannenschmidt auch bei "HaJü" gesorgt: Tonis zwischenzeitlich von Rufus gefeuerter Ex-Freund stolpert diesmal zwar nicht mehr über Fremdwörter, aber dafür unterlaufen ihm dauernd irgendwelche Missgeschicke.

Dass es Nikolaus Benda trotzdem gelingt, die Figur nicht zum Hanswurst werden zu lassen, ist eine echte Leistung. Der Pausenclown der Reihe ist ohnehin der trinkfreudige Postbote Hase. Stephan Bieker spielt den korpulenten Briefträger im Horst-Schlämmer-Stil als Klischee der rheinischen Frohnatur und erinnert ansonsten an die Komiker, die regelmäßig ihr Unwesen im dritten Programm des WDR treiben dürfen. Neumanns Umsetzung wiederum entspricht gern dem "Tür auf, Tür zu"-Strickmuster des Boulevardtheaters: Links geht eine Figur ab, rechts tritt eine andere auf. Dazu passen auch die Stichwortauftritte: Kaum beklagt Toni, man könne doch ein Mädchen nicht wie ein Postpaket abgeben, kommt Hase hereinspaziert.