Einigung über 219a in der Koalition nicht in Sicht

Paragraph 219a
© natali_mis / stock.adobe.com
Es istkeine Einiggung in Sicht in Bezug auf die Strafbarkeit von Werbung für Abtreibungen.
Einigung über 219a in der Koalition nicht in Sicht
Noch vor Weihnachten wollte sich die Koalition darauf einigen, ob und wie das Werbeverbot für Abtreibungen überarbeitet wird. Doch zu Beginn der letzten Sitzungswoche im Bundestag ist noch immer kein Kompromissvorschlag in Sicht.

In der großen Koalition ist eine Einigung im Streit über das Werbeverbot für Abtreibungen noch nicht in Sicht. SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles wies am Dienstag in Berlin darauf hin, dass die Regierung damit beauftragt worden sei, einen Kompromissvorschlag zu machen: "Und wir erwarten diese Woche diesen Vorschlag." Aus dem Justiz- und dem Familienministerium war am Dienstag lediglich zu erfahren, die Gespräche dauerten an und liefen konstruktiv. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion kündigte an, sich erst im kommenden Jahr wieder mit dem Thema beschäftigen. Derweil erhöhen Oppositionsparteien den Druck.

Nahles glaubt an Kompromiss

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte in Berlin, er glaube, dass es bei allen Beteiligten den Willen gebe, eine Lösung zu finden. Zugleich stellte er aber klar: "An der Fraktion der Union läuft nichts vorbei." Nahles zeigte sich derweil überzeugt davon, dass es noch in dieser Woche einen Kompromissvorschlag geben werde. Dieser werde in der Fraktion dann bewertet und daraufhin darüber entschieden.

Über das Thema verhandelt eine kleine Runde aus Justizministerin Katarina Barley (SPD), Familienministerin Franziska Giffey (SPD), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer und Kanzleramtschef Helge Braun. Der Paragraf 219a stellt Werbung für Abtreibungen unter Strafe. Dazu zählt nach einem Urteil gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel auch, wenn ein Arzt auf seiner Internetseite darüber informiert, dass er oder sie Abtreibungen vornimmt.

Paragrafen behalten, Informationen verbessern

In der Union mehren sich die Stimmen, den Paragrafen beizubehalten und gleichzeitig die Informationen für Frauen zu verbessern - etwa durch Listen von Praxen, die Abtreibungen vornehmen. Die SPD will den Paragrafen eigentlich abschaffen - und hätte dafür im Parlament eine Mehrheit, wenn die Abstimmung als Gewissensentscheidung freigegeben würde. Damit wären die Abgeordneten von Union und SPD an keine Absprachen gebunden und hätten gute Chancen, zusammen mit Grünen, Linken und FDP den Paragrafen 219a zu ändern. Nahles geht diesen Weg bislang aber nicht. Die SPD sei in einer Koalition mit der Union und habe vereinbart, "dass wir gemeinsam abstimmen", betonte sie.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), betonte, eine Aufhebung des Werbeverbots brauche es nicht und schlug in der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag) ein anderes Vorgehen vor: Seien mehr Informationen notwendig als gedacht, "kann dies beispielsweise über eine online verfügbare Liste geschehen, in der nach Postleitzahlen entsprechende Praxen und Kliniken aufgelistet sind". Der CDU-Politiker gehört auch der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an.



Oppositionspolitiker machten derweil Druck. Die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Bauer, forderte die SPD auf, sich von der Union abzusetzen. Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer vertrete "veraltete Ansichten und blockiert eine Einigung zum Paragrafen 219a" kritisierte sie. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner hatte die SPD zuvor auf Twitter aufgefordert, mit der Opposition eine Modernisierung des Rechts zu ermöglichen. Es gehe darum, Mediziner zu entkriminalisieren.

Auf Antrag der FDP soll der Bundestag am Donnerstagabend über eine Streichung des Paragrafen 219a abstimmen. Dem Parlament liegen seit Monaten Gesetzentwürfe von den Grünen, der Linksfraktion und der FDP vor. Die FDP will eigentlich, dass sachliche Informationen nicht strafbar sind, grob anstößige Werbung aber weiter strafrechtlich verfolgt werden kann. Die Liberalen würden aber auch einer Streichung des Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch zustimmen, wie sie die Grünen und die Linke verlangen.



Auch die SPD-Fraktion hatte einen Gesetzentwurf zur Streichung des Werbeverbots vorgelegt, verfolgte ihn mit Rücksicht auf den Koalitionspartner aber nicht weiter. Außer der Union will auch die AfD das Werbeverbot beibehalten. Am Freitag wird sich auch der Bundesrat auf Antrag der Länder Berlin, Hamburg, Thüringen, Brandenburg und Bremen mit einem Gesetzentwurf zur ersatzlosen Streichung des Paragrafen 219a beschäftigen.