Missbrauch: EKD-Ratsvorsitzender wünscht sich "Ruck durch die Kirche"

Heinrich Bedford-Strohm
Foto: Daniel Karmann/dpa
Heinrich Bedford-Strohm sagte, es müsse diskutiert werden, inwiefern eine mit der von der katholischen Kirche in Auftrag gegebenen Studie auch für die evangelische Kirche durchgeführt werden könne.
Missbrauch: EKD-Ratsvorsitzender wünscht sich "Ruck durch die Kirche"
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat Konsequenzen aus den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche gefordert.

Er hoffe, "dass die von den katholischen Bischöfen in Auftrag gegebene Missbrauchsstudie einen Ruck durch die Kirche insgesamt gehen lässt", sagte der bayerische Landesbischof der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). Es müsse alles getan werden, damit sich so etwas nicht wiederhole.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte in der vergangenen Woche die Ergebnisse der von ihr in Auftrag gegebenen Studie über sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen durch Kleriker veröffentlicht. Die Forscher kommen darin unter anderem zu dem Ergebnis, dass die speziellen Machtstrukturen in der katholischen Kirche und bei bestimmten Tätertypen unterdrückte Sexualität durch den Zölibat Missbrauch begünstigen. Auf die Frage, ob die katholische Kirche an dieser Stelle "evangelischer" werden müsse, sagte Bedford-Strohm: "Ich erteile der katholischen Kirche überhaupt keine Ratschläge." Er kehre vor der eigenen Haustür.

Der oberste Repräsentant der Protestanten in Deutschland sagte, es müsse diskutiert werden, inwiefern eine mit der von der katholischen Kirche in Auftrag gegebenen Studie auch für die evangelische Kirche durchgeführt werden könne. Sie könne nur gelingen, wenn sie von allen 20 Gliedkirchen getragen und unterstützt werde, sagte Bedford-Strohm. Aufgrund des föderalen Aufbaus sei eine Erhebung in der evangelischen Kirche "ungleich schwieriger".

Bedford-Strohm plädierte für unabhängige Expertenkommissionen zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen. Solche Kommissionen, in denen Vertreter von Opferhilfe, Psychologen und Juristen zusammenarbeiten, hätten einzelne Landeskirchen bereits eingesetzt.