Papst-Appell an Christen: Missbrauch darf sich nicht wiederholen

Papst Franziskus hat in einem Schreiben an die Christen weltweit Versäumnisse im Umgang mit Missbrauch in der katholischen Kirche eingeräumt.
Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa/Gregorio Borgia
Ein dunkles Kapitel in der Katholischen Kirche: Papst Franziskus hat in einem Schreiben an die Christen weltweit Versäumnisse im Umgang mit Missbrauch in der katholischen Kirche eingeräumt.
Papst-Appell an Christen: Missbrauch darf sich nicht wiederholen
Bischofskonferenz spricht von "aufrüttelndem Schreiben"
Papst Franziskus räumt nach den jüngsten Missbrauchs-Enthüllungen ein Versagen der katholischen Kirche im Umgang mit den Skandalen ein. Die Deutsche Bischofskonferenz sieht in dem Schreiben aber auch offene Fragen.

Papst Franziskus hat in einem Schreiben an die Christen weltweit Versäumnisse im Umgang mit Missbrauch in der katholischen Kirche eingeräumt. "Mit Scham und Reue geben wir als Gemeinschaft der Kirche zu, dass wir nicht dort gestanden haben, wo wir eigentlich hätten stehen sollen und dass wir nicht rechtzeitig gehandelt haben, als wir den Umfang und die Schwere des Schadens erkannten", schrieb der Papst am Montag an das "Volk Gottes". Der Missbrauchsbeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Stephan Ackermann, sprach von einem "wirklich aufrüttelnden Schreiben".

Mit dem Eingeständnis rief der Papst zugleich Gläubige zu Bußübungen im Gebet und Fasten auf. Dies solle das Gewissen, "unsere Solidarität und unseren Einsatz für eine Kultur des Schutzes und des 'Nie wieder' gegenüber jeder Art und jeder Form von Missbrauch wecken." Fasten und Beten werde helfen, "uns vor den Herrn und vor unsere verwundeten Brüder und Schwestern zu stellen" und "die Begierde des Herrschens und des Besitzens zu besiegen". Das Bewusstsein der Sünde helfe, die Fehler anzuerkennen und in der Gegenwart "stärker für einen Weg erneuerter Umkehr" einzutreten.

Insbesondere machte Papst Franziskus einen "Macht- und Gewissensmissbrauch" im Klerikalismus für Tausende von Missbrauchsfällen verantwortlich. Klerikalismus erzeuge eine Spaltung in der Kirche, die dazu beitrage, viele der Übel weiterlaufen zu lassen. "Zum Missbrauch Nein zu sagen, heißt zu jeder Form von Klerikalismus mit Nachdruck Nein zu sagen", erklärte der Papst. Missbrauch dürfe sich nicht wiederholen, und er dürfe auch keinen Raum finden, wo eine solche Kultur versteckt überleben könne.

Der Trierer Bischof Ackermann erklärte, dass Schreiben rufe auch die katholische Kirche in Deutschland zur Gewissenserforschung und Erneuerung auf. Der Brief müsse sich allerdings die Frage gefallen lassen, warum der Papst sich an das "ganze Volk Gottes" richtet, wo doch die Schuld und Verantwortung in erster Linie bei den Priestern, den Bischöfen und Ordensoberen liegt. Er lasse jedoch keinen Zweifel daran, dass er dem Klerus allein nicht die notwendige Kraft zur Erneuerung zutraue. "Voller Scham bekennt der Papst, dass die Unterdrücker und Mächtigen allzu oft nicht außerhalb, sondern innerhalb der Kirche saßen und sitzen."

Zugleich zeigte sich Ackermann überzeugt, dass Papst Franziskus mit dem Brief ein eindeutiges Zeichen setzen wollte, bevor er am kommenden Samstag zum Weltfamilientreffen nach Dublin reist. Außer in den USA beschäftigen sich unter anderem auch in Österreich und Irland Untersuchungskommissionen mit massenhaften Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen. Die Deutsche Bischofskonferenz will das Ergebnis ihrer Untersuchungen über Missbrauch in der katholischen Kirche am 25. September 2018 im Rahmen ihrer Vollversammlung in Fulda vorstellen.