Gericht: Sänger Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden

Xavier Naidoo
Foto: dpa/Uwe Anspach
Gericht: Sänger Naidoo darf nicht Antisemit genannt werden
Zentralrat der Juden: Urteil darf kein Freibrief für Antisemitismus sein
Der Sänger Xavier Naidoo hat sich vor Gericht erfolgreich gegen Antisemitismus-Vorwürfe gewehrt. Das Landgericht Regensburg untersagte es einer Referentin der Amadeu Antonio Stiftung, den Sänger als Antisemiten zu bezeichnen. Die Beklagte habe diesen Vorwurf nicht ausreichend belegen können, sagte Landgerichtssprecher Thomas Polnik dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag (AZ: 62 O 1925/17). Der Zentralrat der Juden zeigte sich von dem Urteil überrascht. "Jetzt ist es wichtig, dass Politik und zivilgesellschaftliche Gruppen deutlich machen, dass dieses Urteil kein Freibrief für Antisemitismus ist", erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster.

Die Referentin hatte bei einer Veranstaltung vor einem Jahr im niederbayerischen Straubing vor Publikum gesagt: "Er ist Antisemit. Das ist strukturell nachweisbar." Der Sänger der Band "Söhne Mannheims" hatte sich in einer mündlichen Verhandlung vor drei Wochen in Regensburg auf seine Kunstfreiheit berufen und dargelegt, dass er unter Antisemitismus explizit "antijüdisches Verhalten" verstehe. Den Vorwurf antisemitischer Vorurteile wies er zurück. Er sei kein Rassist. Die Beklagte berief sich dagegen auf Liedtexte des Sängers, in denen antisemitische Codes und Chiffren zu finden seien.

Die Kammer begründete ihr Urteil damit, dass es sich zwar um eine Meinungsäußerung der Beklagten handelt, "diese aber angesichts der Schwere der Anschuldigung hinter den Persönlichkeitsrechten des Sängers zurückstehen muss". Das Urteil hat noch keine Rechtskraft. Die Beklagte plant nach eigenen Worten, in Berufung zu gehen.

Zentralratspräsident Schuster erklärte am Dienstag: "Egal, in welcher Form alte judenfeindliche Stereotype transportiert werden, darf es dafür keine Toleranz geben." Gerade in der Musikszene müssten viel strengere Maßstäbe angelegt werden, als es bisher der Fall sei. "Die Kunstfreiheit darf nicht als Deckmäntelchen für Menschenfeindlichkeit missbraucht werden."

Die frühere Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch erklärte via Twitter, die Gerichtsentscheidung sei zu akzeptieren - wirklich zu verstehen sei sie aber nicht. "Hass ist keine Meinung, und die Verwendung einer codierten Ausdrucksweise, die sich leicht als antisemitisch verstehen lässt, vergiftet unsere Sprache und unsere Gesellschaft."

Die Beklagte bezeichnete die Entscheidung laut Stiftungsmitteilung als "enttäuschend", sie greife in die Meinungsfreiheit ein. "Das Urteil ist ein fatales Signal für die politische Bildung." Die Amadeu Antonio Stiftung halte es für unerlässlich, antisemitische Äußerungen und Verschwörungserzählungen auch als solche zu bezeichnen.