Abendmahl: "Wir sind Kirche" warnt vor "ökumenischem Flickenteppich"

Abendmahl: "Wir sind Kirche" warnt vor "ökumenischem Flickenteppich"
Nach Ansicht der katholischen Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" wird die Orientierungshilfe zur vereinzelten Zulassung von Protestanten zum katholischen Abendmahl die kirchliche Praxis kaum beeinflussen. Zwar habe die Diskussion konfessionsverbindende Paare aufgewertet, und man sehe, dass theologisch grundsätzlich etwas möglich ist, sagte Christian Weisner vom "Wir sind Kirche"-Bundesteam dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die "unsägliche Auseinandersetzung" zwischen den katholischen Bischöfen habe jedoch auch eine große Verunsicherung in den Gemeinden ausgelöst. 

Weisner befürchtet einen "ökumenischen Flickenteppich" durch die unterschiedliche Anwendung der Orientierungshilfe. Zahlreiche Bistümer hatten in den vergangenen Tagen angekündigt, konfessionsverbindende Ehepaare bei einer gemeinsamen Gewissensentscheidung durch Geistliche zu begleiten und die katholische Kommunion dann für Protestanten im Einzelfall zu öffnen. Andere haben sich noch nicht dazu geäußert oder sind zurückhaltend. Nachdem der Vatikan die Veröffentlichung der Handreichung Anfang Juni überraschend zurückgehalten hatte, wurde das Papier als Orientierungshilfe für die einzelnen Bischöfe veröffentlicht, aber nicht als offizielle Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, wie ursprünglich geplant. 

Die jetzt veröffentlichte Orientierungshilfe zur Kommunion sei noch kein Schritt hin zu einem gemeinsamen Abendmahl, bilanzierte Weisner: "Das wäre schön, meine Einschätzung ist leider eine andere." Ein wichtiges Zwischenziel auf dem Weg zur gemeinsamen Mahlfeier sei allerdings die gegenseitige Gastfreundschaft bei Eucharistie und Abendmahl - "und dies haben wir ja eigentlich schon vielfach in der Praxis".


"Es war keine theologisch produktive Auseinandersetzung, sondern ein eher fundamentalistischer Streit, der da zwischen Kardinälen und Bischöfen ausgetragen wurde", beklagte Weisner: "Dies wird auch in der Ökumene im Gedächtnis bleiben, leider."

"Wenn wir uns die wirklich großen Probleme in der Welt anschauen und dann Bischöfe wegen eines Streits in einer Glaubensfrage vom Papst nach Rom gebeten werden, müsse man doch fragen: Hallo, habt ihr die Zeichen der Zeit nicht erkannt?", empörte sich Weisner. "Solange wir die konfessionsverbindenden Ehen und Familien nicht mit offenen Armen aufnehmen, verlieren die Kirchen den Kontakt zu diesen Menschen doch noch viel mehr."

Die katholischen Bischöfe seien in ihrer Auseinandersetzung zu sehr auf "dogmatische und kirchenrechtliche Belange fixiert", führte der "Wir sind Kirche"-Sprecher aus. Im Vordergrund habe gestanden, "dass kirchenrechtlich alles korrekt geht". Zudem sei es oftmals eher um Personen als um Sachfragen gegangen, sagte der Reformkatholik: "Das ist letztlich kein gutes Signal, und dieser Streit ist auch nicht durch die Veröffentlichung der Orientierungshilfe beendet."

"In anderen Ländern sei man schon weiter"

In anderen Ländern sei man da schon weiter. Es gebe weltweit verschiedene Bischofskonferenzen, wo es entsprechende Regelungen gibt, seines Wissens etwa in Kanada oder Südafrika. "In Deutschland ist die Diskussion ja so intensiv, weil die Zahl der Katholiken und Protestanten in etwa gleich stark und Deutschland das Mutterland der Reformation ist", sagte Weisner. Er hoffe daher jetzt auch auf eine Lösung auf Weltebene durch die römische Glaubenskongregation. 

Seine Hoffnung auf mehr Nähe zwischen den Christen beim Abendmahl setzte er jetzt auf den 3. Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt am Main. Allerdings seien früher auch Erwartungen an die ersten beiden Ökumenischen Kirchentage 2003 in Berlin und 2010 in München enttäuscht worden, sagte Weisner: "Aber jetzt haben wir einen anderen Papst."