Gericht verhandelt über Schmäh-Relief "Judensau"

Mittelalterliche “Judensau“ ein Schmäh- u. Spottbild auf die Juden, an der Stadtkirche St. Marien in der Lutherstadt Wittenberg.
Foto: epd-bild/Jens Schlüter
Mittelalterliche “Judensau“ ein Schmäh- u. Spottbild auf die Juden, an der Stadtkirche St. Marien in der Lutherstadt Wittenberg.
Gericht verhandelt über Schmäh-Relief "Judensau"
Über den Fortbestand eines umstrittenen mittelalterlichen, antisemitischen Reliefs an der Wittenberger Stadtkirche wird am Montag vor dem Amtsgericht der Lutherstadt verhandelt. Im Rahmen einer Zivilklage fordert ein Mitglied einer jüdischen Gemeinde aus Berlin von der Wittenberger Kirchengemeinde die Entfernung der als "Judensau" bekannten Schmähskulptur.

Zur Begründung hieß es, das mehr als 700 Jahre alte Relief beleidige und diffamiere jüdische Mitbürger. Da die Kirchengemeinde die Entfernung der "Judensau" bislang abgelehnt habe, gebe es keine andere Möglichkeit als den Klageweg. Dabei stützt sich der Kläger unter anderem auf das Antidiskriminierungsgesetz.

Die Stadtkirchengemeinde hatte sich in der Vergangenheit für den Verbleib des historischen Reliefs an der Außenfassade ihrer Kirche ausgesprochen, aber bereits 1988 ein Mahnmal eingeweiht, das sich kritisch auch auf die Schmähplastik bezieht. Das Sandsteinrelief aus dem Jahr 1305 zeigt einen Rabbiner, der einem Schwein unter den Schwanz schaut und Juden, die an den Zitzen der Sau trinken. Im Mittelalter wurden durch solche Abbildungen, die auch an anderen Kirchen in Deutschland zu finden sind, Juden geschmäht. Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums im vergangenen Jahr war in Wittenberg eine Debatte über den Umgang mit der "Judensau" entbrannt, die wegen einer nachträglich ergänzten Inschrift auch "Luthersau" genannt wird.

Neben der Kirchengemeinde hatte sich auch der Wittenberger Stadtrat bislang für den Erhalt des Reliefs ausgesprochen. Die Stadtkirchengemeinde hat zu diesem geschichtlichen Erbe eine Erklärung veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem: "Geschichte soll nicht versteckt werden und Geschichtsvermittlung gelingt am eindrücklichsten am authentischen Ort. Das ist ein immer auch schmerzlicher und paradoxer Prozess, weil etwas Negatives etwas Positives bewirken soll: Ein antijudaistisch motiviertes Sandsteinrelief warnt vor den Gefahren und Folgen einer abwertenden und ausgrenzenden Haltung in Kirche und Gesellschaft." Das 1988 eingeweihte Mahnmal in Form einer Bodenplatte erinnert unter anderem an den Beginn des NS-Novemberpogroms am 9. November 1938.

Besonders in seinen späten Schriften hetzte der Reformator Martin Luther (1483-1546) gegen Juden - eine Schattenseite Luthers, mit der sich die evangelische Kirche anlässlich des Reformationsjubiläums auch mehrfach auseinandergesetzt hat.