Moraltheologe: Katholiken entspannter bei Thema Homosexualität

Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz beobachtet eine Liberalisierung der katholischen Kirche im Umgang mit Homosexuellen.
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Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz beobachtet eine Liberalisierung der katholischen Kirche im Umgang mit Homosexuellen.
Moraltheologe: Katholiken entspannter bei Thema Homosexualität
Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz beobachtet eine Liberalisierung der katholischen Kirche im Umgang mit Homosexuellen.

"Deutet man jüngste Äußerungen deutscher Bischöfe richtig, wird die am 1. Oktober 2017 eingeführte Ehe für alle die Einstellung der katholischen Kirche gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften verändern", heißt es in einem Beitrag des römisch-katholischen Theologen für die "Zeit"-Beilage "Christ und Welt". Es sei "Zeit für eine Theologie des Leibes, die die Wirklichkeit und Erfahrungen sexueller Minderheiten nicht länger an den Rand drängt".

Der Professor für Moraltheologie an der Universität Mainz verwies auf jüngste Äußerungen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, dessen Stellvertreter Bischof Franz-Josef Bode sowie des Berliner Erzbischofs Heiner Koch. Die Bischöfe äußerten darin Bedenken gegenüber einem bestimmten sexualethischen Rigorismus. Diese drei Wortmeldungen innerhalb kurzer Zeit "ließen aufhorchen". Goertz: "Es ist theologisch legitim und Zeichen von Lebendigkeit, wenn die Kirche im 21. Jahrhundert zu einer neuen Bewertung von homosexuellen Beziehungen gelangt."

Zudem wollten viele Priester gleichgeschlechtliche Paare "nicht zurückweisen und nehmen dafür mitunter kirchliche Konflikte in Kauf", fügte Goertz hinzu. Über lange Zeiten habe eine "rigoristische und erfahrungsarme Morallehre die Weiterentwicklung kirchlicher Positionen verhindert", so der Theologieprofessor: "Hier ist unter Papst Franziskus eine Wende eingetreten".

Wenn die Kirche bereit sei, "das Gute und Richtige in homosexuellen Ehen anzuerkennen", würde dies "Verkrampfungen im Umgang mit homosexuellen Seelsorgerinnen und Seelsorgern" lösen, so Goertz weiter. "Sie würde von den menschlichen Qualitäten und nicht den Defiziten von Homosexuellen sprechen. Die Kirche könnte in sich gehen und Abbitte bei denen leisten, in deren Biografien sie in der Vergangenheit gewütet hat." Zudem habe die Forschung zeigen können, "dass die wenigen biblischen Aussagen über gleichgeschlechtliche Sexualakte sich an keiner Stelle auf gleichberechtigte und freie Partnerschaften in unserem heutigen Verständnis beziehen".