Dresden gedenkt der Opfer des Krieges

Weiße Rosen liegen am 13.02.2017 auf der Pflastersteindecke einer Gedenkstätte auf dem Altmarkt in Dresden.
Foto: dpa/Sebastian Kahnert
Mit zahlreichen Veranstaltungen erinnert die Stadt Dresden am 13. Februar an ihre Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.
Dresden gedenkt der Opfer des Krieges
Symbole, mahnende Kunst, Appell zum Dialog: In Dresden wurde am 13. Februar mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen an die Opfer des Zweiten Weltkriegs und an die Zerstörung der Stadt vor 72 Jahren erinnert. Bei vier Luftangriffen auf Dresden zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 waren rund 25.000 Menschen ums Leben gekommen. Große Teile des Dresdener Stadtzentrums und der Infrastruktur wurden zerstört.

Bereits am Vormittag legte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) auf dem Dresdner Altmarkt weiße Rosen nieder. Dort wurden nach den Luftangriffen vom 13. und 14. Februar 1945 die Überreste von fast 7.000 Menschen verbrannt, die bei den Angriffen ums Leben kamen.

Hilbert sprach von "unsäglichem Leid", dass der Krieg auch in Dresden hinterlassen habe. Die Erinnerung daran gelte es wachzuhalten - gerade vor dem Hintergrund, dass es nur noch wenige Zeitzeugen gibt. Es habe aber in Dresden "sehr wohl auch eine ganze Reihe von Tätern gegeben", betonte Hilbert: "Wir müssen aufpassen, dass Geschichte nicht vergessen wird."

Stilles Gedenken auf dem Neumarkt

Knapp 100 Menschen versammelten sich am Mittag in der Dresdner Frauenkirche zu einer Andacht. Frauenkirchenpfarrerin Angelika Behnke rief dazu auf, "nicht nachzulassen im Gebet um Frieden und Versöhnung". Zugleich erinnerte sie an den 13. Februar 1982, als DDR-Jugendliche an der Ruine der Frauenkirche gegen das Aufrüsten in Ost und West demonstrierten.

Das alternative Gedenken jenseits der vom SED-Staat verordneten offiziellen Veranstaltung sei damals ein "wichtiger Meilenstein" der Friedensbewegung in der DDR gewesen, sagte die Pfarrerin. Sie appellierte an jeden Einzelnen, sich für aktiv Frieden einzusetzen. "Kreative Kraft" dafür stecke in jedem Menschen.

Die Gesellschaft der Frauenkirche hatte zum stillen Gedenken auf den Neumarkt vor der Kirche eingeladen. Dresdner zündeten dort eine Kerze als Zeichen der Erinnerung und Mahnung an. Etwa 500 Menschen erinnerten bei einem "Mahngang Täterspuren" an NS-Unrecht in Dresden. Schauspieler verlasen an den authentischen Täter-Orten Texte zur Rolle Dresdens im NS-Regime.

Menschenkette für Frieden und Toleranz

Rund 12.000 Menschen bildeten am Montagabend eine Menschenkette rund um die Altstadt. Mit dem symbolischen Schutzwall wollten sie ein Zeichen für Frieden und Toleranz setzen. Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FPD) hatte zuvor in seiner Rede vor der wiederaufgebauten Frauenkirche betont, dass das Erinnern an die Geschichte auch eine "Brücke in die Gegenwart schlagen" müsse. Hilbert rief zugleich zum friedlichen Dialog auf, in dem sich die Partner ernst nehmen.

Der FDP-Politiker betonte, dass in Dresden nicht nur Opfer, sondern auch Täter gelebt haben. Er verwies darauf, dass während der NS-Zeit "die NSDAP in Dresden Mehrheiten hinter sich versammelte, wie in keiner zweiten deutschen Großstadt. Hier gab es Rüstungsproduktion, Kriegsvorbereitung, Zwangsarbeit, Judenverfolgung". Auch sei er "weder der erste noch der einzige, der das thematisiert hat. Trotzdem zeigten die heftigen Reaktionen, das diese Frage Dresden immer wieder aufs Neue spaltet." Doch Gräben könnten nicht überwunden werden, "wenn es uns nicht einmal gelingt, den anderen reden zu lassen".

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der sich wie Hilbert in die Menschenkette einreihte, betonte: Die Mehrheit der Dresdner lasse sich nicht von Störern beeindrucken und setze mit der Menschenkette ein friedliches Signal. Die Menschenkette umschloss auch das "Monument", eine temporäre Kunstinstallation des Deutsch-Syrers Manaf Halbouni vor der Frauenkirche, die zum Teil für heftige Kritik gesorgt hatte. Es zeigt drei hochkant aufgestellte Busse, wie sie in Aleppo als Straßensperre zum Schutz vor militärischen Angriffen eingesetzt wurden. "Dresden war 1945 eine zerstörte Stadt, so wie es Aleppo und viele Städte in Syrien oder auch der Ostukraine heute sind", betonte Hilbert.

Nach Angaben der Polizei verliefen alle Veranstaltungen ohne Störungen. Die Beamten erteilten einen Platzverweis gegen einen 46-jährigen Mann, der mit einem Boot auf der Elbe unterwegs war und ein Plakat bei sich trug, das sich gegen das Gedenken richtete. Insgesamt waren im gesamten Stadtgebiet rund 600 Beamte im Einsatz.

Etwa 700 bis 800 Menschen beteiligten sich nach Angaben der Initiative "Durchgezählt" an einem "Mahngang Täterspuren", auf dem Schauspieler an authentischen Orten von NS-Unrecht Texte zur Rolle Dresdens in der Nazizeit vorlasen.

Debatten in sozialen Netzwerken und im direkten Austausch

Mehrere hundert Menschen versammelten sich am Abend in der Kreuzkirche zu einem ökumenischen Gottesdienst. In diesen Tagen und gerade am 13. Februar sei es "gut zusammenzustehen", sagte Kreuzkirchenpfarrer Holger Milkau. Traditionell läuteten um 21.45 Uhr alle Kirchenglocken der Stadt, dem Zeitpunkt des ersten Bombenangriffs auf Dresden am 13. Februar 1945. Bei vier Luftangriffen auf Dresden zwischen dem 13. und 15. Februar starben Schätzungen von Historikern zufolge rund 25.000 Menschen. Große Teile der Innenstadt und der Infrastruktur wurden zerstört.

Die Bürger von Dresden debattieren nach Ansicht von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) intensiv über das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg. "Ich sehe mittlerweile eine sehr starke Diskussion im Gange", sagte Hilbert  im ZDF-"Morgenmagazin". Die Bürger debattierten in sozialen Medien, aber auch im direkten Austausch. "Das ist gut so", fügte Hilbert hinzu.

Kontroverse Kunstprojekte in der Innenstadt

In den vergangenen Tagen war in der Stadt unter anderem die Kunstinstallation "Monument" kontrovers diskutiert worden. Hilbert sah sich unter anderem deshalb Morddrohungen ausgesetzt. So etwas sollte zu seinem Amt nicht dazugehören, sagte Hilbert im "Morgenmagazin". Ihm scheine das ein "Stückchen Zeitgeist" zu sein: Es sei leider ein Trend, dass sich Leute so äußerten, gerade in sozialen Netzwerken. Er sei dem aber gewachsen und werde noch weitere Projekte initiieren, die zur Diskussion anregen sollten.

Der deutsch-syrische Künstler Manaf Halbouni hatte sein "Monument" kurz vor dem Gedenken an die Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg auf dem Neumarkt errichten lassen. Es zeigt drei hoch aufgestellt Busse, die an ein Foto aus dem kriegszerstörten Aleppo erinnern. Dort sollen Zivilisten eine Straßensperre zum Schutz vor militärischen Angriffen aufgestellt haben.

Besucher haben an das temporäre Denkmal Zettel und Fotos mit Friedensbotschaften geheftet. Nach Angaben der Stiftung Frauenkirche kommen täglich zahlreiche Interessierte zum "Monument". Ein zweites Kunstprojekt mit dem Titel "Lampedusa 361" zeigt auf dem Theaterplatz Fotos von Flüchtlingsgräbern auf Sizilien.