Social-Media-Barcamp: Die Lust, etwas auszuprobieren

Foto: Antonio Gravante - Fotolia/Antonio Gravante
Social-Media-Barcamp: Die Lust, etwas auszuprobieren
Wie können sich Gemeinden in sozialen Medien präsentieren? Welche Software kann eingesetzt werden? Wie hält es die Kirche mit dem Datenschutz? Diese Fragen beschäftigte das Barcamp RWL der rheinischen, westfälischen und lippischen Kirche in Essen.
28.09.2014
Ralf Müller, EKiR

Rund 60 Online-Profis und andere Interessierte haben sich von Freitag bis Sonntag, 26. bis 28. September, zum ersten Barcamp der Evangelischen Landeskirchen Rheinland, Westfalen und Lippe im Haus der Kirche in Essen getroffen. Die Veranstaltung in Kooperation mit dem Evangelischen Kirchenkreis Essen und dem Bistum Essen war wie bei Barcamps üblich eine offene Tagung ohne feste Referenten, dafür mit Workshops, die die Teilnehmenden selbst entwickelten und gestalteten.

Die Themen der Teilnehmenden kamen aus den aktuellen Herausforderungen der kirchlichen Online-Arbeit: Datenschutz, Einsatz freier Software, Engagement in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, Medien und Demokratie, Blogs mit Wordpress, interaktives Fernsehen im Internet, Strategien für gemeindliche Websites und Online-Terminkalender gehörten dazu.

Eine große Rolle in den Workshops spielten soziale Netzwerke. "Wir müssen lernen, damit verantwortlich umzugehen", sagte der Internet-Beauftragte der Evangelischen Kirche im Rheinland, Ralf Peter Reimann. Die Kirche könne an den Netzwerken nicht vorbeigehen, denn dort kommunizierten viele Menschen. Es gelte bei diesem Engagement die Chancen und die Risiken zu sehen.

Zuerst die Gemeindehomepage, dann der Rest

Die Landeskirchen im Rheinland, Westfalen und Lippe haben vor zwei Jahren Social-Media-Guidelines für den Umgang mit den Netzwerken entwickelt. Die Leitlinien wurden in einem offenen Prozess erarbeitet und geben zusätzlich Tipps und Beispiele für konkrete Fälle. Ein Grundsatz lautet, dass die Teilnahme von ehren- und hauptamtlich Mitarbeitenden freiwillig sein muss.

###mehr-artikel###

Insbesondere an Facebook zeigte sich beim Barcamp die differenzierte Sichtweise vieler Online-Fachleute aus den Kirchen. Kritisiert wurden unter anderem die fehlende Transparenz des Anbieters sowie die Sammlung und Verknüpfung persönlicher Daten. Doch der Auftrag der Kirche sei es gerade öffentlich zu sein. Facebook sei eine Ergänzung zur eigenen Website. Es gelte der Satz: "Nicht die Kirche bringt die Menschen zu Facebook – sie sind schon da."

Für viele Gemeinden ist es nach den Erfahrungen von Teilnehmern zunächst wichtig, eine ansprechende eigene Website aufzubauen. "Erst einmal muss in der Gemeinde die Homepage funktionieren", hieß es im Workshop zur Strategie gemeindlicher Internetarbeit. Sie solle einfach zu bestücken sein und wirklich aktuell. Dann sei auch noch mehr möglich.

"Datenschutz ist ein Grundrecht, da gibt es nichts weiter zu begründen", hieß es in der Session zum entsprechenden Thema. In vielen Gemeinden müsse das Bewusstsein dafür noch deutlich verbessert werden. So reichten rechtlich zum Beispiel keine pauschalen Freigabe-Erklärungen für die Veröffentlichung von Konfirmanden-Fotos im Internet. Es müsse ein konkreter Anlass genannt werden, "gerade beim Thema Datenschutz vertraut man den Kirchen und Gemeinden", sagte Reimann. Dem müsse die Praxis auch gerecht werden.

Nächstes Barcamp für 2015 geplant

Initiatoren und Teilnehmende zogen ein überwiegend positives Resümee der Tagung. "Eine Kirche, die ganz nah bei den Menschen sein will, muss dorthin gehen, wo sich Menschen begegnen und miteinander sprechen, wo sie in Beziehungen zueinander treten und das miteinander teilen, was sie berührt und bewegt", sagte Stefan Koppelmann, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Evangelischen Kirche in Essen. Und das geschehe heute auf "sichtbaren" und "virtuellen" Marktplätzen.

Das Barcamp RWL 2014 in Essen.

"Eine Kirche, die den Menschen zugewandt ist, darf sich der Digitalisierung von Kommunikation nicht verschließen", so Koppelmann. Leider begännen die Kirchen recht spät, das zu begreifen – und gerade deshalb seien Tagungen wie das Barcamp so wichtig. Das Barcamp zeige: "Offenheit und Neugier und die Lust, auch einmal etwas auszuprobieren, versprechen oft den größten Ertrag. Und sie beweisen nicht zuletzt, dass unsere Kirche die Sozialen Medien durchaus bereichern kann."

Yvonne Kälbli, Online-Redakteurin der Evangelischen Kirche von Westfalen, lobte die große Bandbreite bei Themen und Beteiligten. "Es ist eine ökumenische Gruppe aus unterschiedlichsten Bereichen zusammengekommen", erklärte sie. Die Teilnehmerzahl könne aber durchaus gesteigert werden. Deshalb kündigten die Veranstalter schon jetzt frühzeitig ein neues Barcamp vom 18. bis 20. September 2015 in Essen an. Positiv bewertete Ralf Peter Reimann, dass schon zu diesem ersten Barcamp eine Reihe von ehrenamtlich Mitarbeitenden, Presbyterinnen und Presbyter gekommen war. So wie Mechthilde Stehmann, die selbst beruflich mit IT-Entwicklern arbeitet: "Ich bin froh dabei gewesen zu sein und erstaunt, wie gut man sich hier mit IT auskennt", fasste sie ihre Erfahrung zusammen. Für viele Menschen in der Kirche ist Internet eben kein Neuland mehr.

Wer die Tweets zum Barcamp RWL nachlesen möchte, kann das auf Twitter unter dem Hashtag #bckrwl tun.