Radioaktives Cäsium in weiten Gebieten Japans

Radioaktives Cäsium in weiten Gebieten Japans
Der Boden in weiten Teilen Ost- und Nordostjapans ist in Folge des Atomunfalls in Fukushima mit radioaktivem Cäsium 137 stark verseucht worden. Die Beseitigung der verstrahlten Böden sei eine "dringende Aufgabe", mahnen Forscher in einer neuen Studie.

Dies ist das Ergebnis einer Studie, die in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS) veröffentlicht wurde. Cäsium 137 mit einer Halbwertzeit von 30,1 Jahren ist besonders gefährlich, da es auf Jahrzehnte Auswirkungen auf die Landwirtschaft und das Leben der Menschen in den betroffenen Gebieten hat.

Osten und Nordosten besonders betroffen

Die Forscher um Tetsuzo Yasunarie von der Universität in Nagoya hatten für den Zeitraum vom 20. März bis 19. April aus meteorologischen Daten täglich die Werte eingetragenen Cäsium 137 für alle japanischen Präfekturen abgeschätzt. In den Tagen davor seien die kontaminierten Luftmassen zum größten Teil auf den Pazifischen Ozean geweht worden. Der Analyse nach wurden vor allem die Böden in weiten Gebieten im Osten und Nordosten des Inselreiches mit Cäsium 137 verseucht. Der Westen des Landes sei von den Bergen weitgehend vor stärkerer Kontamination geschützt worden.

In den meisten östlichen Gebieten seien die Böden mit mehr als 1.000 Megabecquerel pro Quadratkilometer verstrahlt worden. In den Präfekturen nahe des Kernkraftwerks lägen die Werte sogar bei mehr als 10.000 bis mehr als 100.000 Megabecquerel, schreiben die Forscher. In Becquerel wird die Stärke der Radioaktivität angegeben, gemessen wird der Zerfall von Atomen pro Sekunde.

Aus den Werten errechneten die Wissenschaftler die Daten für die Kontamination des Bodens pro Kilogramm. Der Grenzwert der Belastung mit Cäsium 134 und Cäsium 137 für landwirtschaftlich genutzte Flächen liege in Japan bei 5.000 Becquerel je Kilogramm Boden.

Detailmessungen nötig

Davon ausgehend, dass die Hälfte der Gesamt-Cäsium-Belastung auf Cäsium 137 entfalle, liege der Wert in der Präfektur Fukushima über dem Grenzwert, in Miyagi, Tochigi und Ibaraki zum Teil nur knapp darunter. In diesen drei Präfekturen seien unbedingt detaillierte Messungen nötig, da die Kontamination lokal stark schwanken könne. In weiten Teilen des Landes lägen die Werte bei über 100 Becquerel pro Kilogramm Boden, in den westlichen Regionen bei etwa 25 Becquerel pro Kilogramm.

Nun müssten regional weitere, direkte Messungen folgen, da die Werte lokal viel variabler seien, als mit dem meteorologisch basierten Modell berechnet werden könne. Die erstellten Karten könnten aber ein erstes Hilfsmittel für Dekontaminations-Maßnahmen und die Planung weiterer Analysen sein. Die Beseitigung mit Cäsium 137 verseuchter Böden sei eine "dringende Aufgabe", so die Forscher. Wo ein Abtragen des Bodens nicht möglich sei, müsse die Nutzung der Flächen eingeschränkt werden.

Gebiet um Atomruine unbewohnbar

In einer weiteren Studie analysierten Forscher um Norikazu Kinoshita vom Institut für Technologie der Shimizu Corporation in Tokio die Verbreitung mehrere radioaktiver Elemente in japanischen Gebieten. Auch ihre Daten sind in "PNAS" veröffentlicht. Die Forscher kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass sich die Werte lokal erheblich unterscheiden können - abhängig von geologischen Gegebenheiten wie Hügelketten oder regional begrenzten Luftströmen.

Gewaltige Mengen Radioaktivität waren freigesetzt worden, nachdem am 11. März dieses Jahres ein Erdbeben der Stärke 9,0 den Nordosten Japans erschüttert und einen verheerenden Tsunami ausgelöst hatte. Die Wellen überspülten das an der Küste liegende Kernkraftwerk Fukushima Daiichi, in der Folge kam es zu mehreren Explosionen in den Reaktorblöcken. Kernschmelzen folgten.

Noch immer arbeiten Mitarbeiter des Betreibers daran, die Lage im havarierten Kraftwerk wieder vollständig unter Kontrolle zu bringen. Das Gebiet um die Atomruine wird möglicherweise auf lange Sicht unbewohnbar bleiben. Aus den Reaktoren 1, 2 und 3 traten im September nach Angaben der Regierung noch maximal 200 Millionen Becquerel pro Stunde an radioaktiven Substanzen aus. Einen Monat zuvor waren es noch 1 Milliarde Becquerel.

dpa