Taliban dementieren Bericht über Mullah Omars Tod

Taliban dementieren Bericht über Mullah Omars Tod
Der einäugige Taliban-Chef Mullah Omar zählt nicht erst seit dem Tod Osama bin Ladens zu den meistgesuchten Terroristen. Der afghanische Geheimdienst verkündet, Mullah Omar habe sein pakistanisches Versteck verlassen. Berichte über den Tod Mullah Omars wurden dementiert.

Drei Wochen nach der Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden in Pakistan hat der afghanische Geheimdienst NDS Spekulationen über das Schicksal von Taliban-Anführer Mullah Mohammed Omar angeheizt. NDS-Sprecher Lutfullah Mashal sagte am Montag bei einer Pressekonferenz in Kabul, Mullah Omar sei "seit vier bis fünf Tagen" aus seinem Versteck in der südwestpakistanischen Stadt Quetta verschwunden. Die Taliban hatten zuvor dementiert, dass ihr Anführer in Pakistan getötet worden sei.

Taliban weisen Angaben energisch zurück

Mashal sagte: "Unsere Quellen und hochrangige Taliban-Kommandeure haben bestätigt, dass sie bislang nicht in der Lage gewesen sind, Mullah Omar zu kontaktieren." Der Taliban-Chef habe im Westen Quettas gelebt, bevor er verschwunden sei. Zunächst hatte der private afghanische Sender Tolo TV unter Berufung auf eine ungenannte Quelle im NDS gemeldet, Mullah Omar sei in Pakistan getötet worden. Ein Mitarbeiter des afghanischen Geheimdienstes NDS, der anonym bleiben wollte, hatte das anschließend bestätigt.

Die radikal-islamischen Taliban wiesen die Angaben dagegen energisch zurück. "Er ist in Afghanistan und führt den Dschihad (Heiligen Krieg)", sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid der Nachrichtenagentur dpa per Telefon. Aus dem pakistanischen Geheimdienst ISI hieß es: "Wir haben keine Informationen darüber, dass Mullah Omar getötet wurde. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass es in der im Bericht genannten Gegend kürzlich zu einer Operation von pakistanischen oder US-Kräften gekommen ist."

Tolo berichtete, Mullah Omar sei bereits vor zwei Tagen erschossen worden, als er vom früheren ISI-Chef Hamid Gul von Quetta aus ins Stammesgebiet Nord-Waziristan an der afghanischen Grenze gebracht werden sollte. Taliban-Sprecher Mudschahid sagte, mit Berichten über Mullah Omars Tod versuchten Geheimdienste, Unruhe unter den Aufständischen zu verbreiten. Ein Sprecher der pakistanischen Taliban (TTP) namens Shakirullah Shakir dementierte Meldungen über Mullah Omars Tod ebenfalls: "Er ist wohlbehalten und an einem sicheren Ort."

Auch Ex-ISI-Chef Hamid Gul wies den Tolo-Bericht, wonach er Omar begleitet habe, als "einen Haufen Lügen" zurück. "Ich bin zu Hause. Ich habe die Stadt (Rawalpindi) seit mindestens einer Woche nicht verlassen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Ziel sei, ihn wegen seiner Haltung zu Bin Laden zu diffamieren. Gul hatte die US-Operation verurteilt. In der Vergangenheit hatte er Bin Laden als "Freiheitskämpfer" bezeichnet.

Angespannte Beziehung zwischen NDS und ISI

Die Beziehungen zwischen dem NDS und dem ISI sind angespannt. Pakistan ist international unter Druck, weil Bin Laden anscheinend bis zu seiner Tötung durch US-Spezialeinheiten jahrelang unbehelligt in der nordpakistanischen Stadt Abbottabad leben konnte. In Quetta wird der Führungsrat der afghanischen Taliban vermutet, die sogenannte Quetta-Schura. Nord-Waziristan ist Zufluchtsort für radikal-islamische Aufständische, die von dort aus Ziele im benachbarten Afghanistan angreifen.

Mullah Omar ist seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 untergetaucht. Afghanische und US-Regierungsvertreter haben immer wieder vermutet, der einäugige Taliban-Chef verstecke sich in Quetta und werde vom ISI geschützt. Pakistan weist das regelmäßig zurück. Mullah Omar gehört zu den meistgesuchten Männern der Welt.

dpa