Guttenberg und die Chance auf ein Comeback

Guttenberg und die Chance auf ein Comeback
Verteidigungsminister Guttenberg ist gerade erst weg und alle reden schon von seinem Comeback. Die Geschichte zeigt, dass gestürzte Minister durchaus erfolgreich zurückkehren können. Alles dürfte davon abhängen, wie die Justiz die Plagiatsvorwürfe gegen ihn bewertet.
02.03.2011
Von Georg Ismar und Michael Fischer

Am Tag eins nach dem Rücktritt frühstückt Karl-Theodor zu Guttenberg um kurz nach acht noch einmal mit den Unions-Ministern. Betroffenheit über den Abgang des Hoffnungsträgers von der politischen Bühne ist spürbar. In der anschließenden Sitzung des Bundeskabinetts ist der scheidende Verteidigungsminister schon nicht mehr dabei. Hinter seinem Schild "BM zu Guttenberg" nimmt Staatssekretär Christian Schmidt (CSU) Platz.

Neue Debatte über eine "zweite Chance"

Aber auch wenn der Überflieger der deutschen Politik, dessen Sturz wie der Aufstieg in atemberaubendem Tempo von statten ging, sich nun erstmal aus dem Scheinwerferlicht der Politik zurückzieht und mithelfen will, die Umstände seiner unter Plagiats-Verdacht stehenden Doktorarbeit zu erhellen: Es könnte ein Abgang auf Zeit sein. Erstmals seit zwei Wochen wird am Mittwoch nicht mehr über die Bedeutung seines wissenschaftlichen Fehlverhaltens diskutiert. Sondern die Guttenberg-Debatte wird bestimmt vom Ruf nach einer zweiten Chance und von Frage: Wann und wie wird der CSU-Politiker ein Comeback feiern?

Die Internet-Gemeinde hat sich wieder an die Spitze der Bewegung gesetzt: Auf Facebook haben sich unter dem Motto "Wir wollen Guttenberg zurück" binnen weniger als 24 Stunden 360.000 Gegner "dieser öffentlichen Hinrichtungs-Kultur formiert". Selbst Oppositionspolitiker zeigen sich plötzlich gnädig. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi verweist darauf, Guttenberg sei mit 39 Jahren noch sehr jung. "Jeder Rücktritt ist eine Sühne", sagt der Rücktritts-Forscher Michael Philipp. "Guttenberg wird zurückkommen, wenn er das will." Der Skandal werde innerhalb kürzester Zeit vergessen sein.

Heinemann und Strauß stolperten - und kehrten zurück

In der deutschen Politik gibt es viele Beispiele für schmerzhafte Rücktritte und glanzvolle Comebacks. Gustav Heinemann trat 1950 als CDU-Innenminister im Streit über die Wiederbewaffnung Deutschlands zurück - es war der erste Rücktritt nach dem Krieg. Später trat er in die SPD ein, wurde 1966 Justizminister und 1969 Bundespräsident.

1962 stolperte der CSU-Übervater Franz-Josef Strauß über die "Spiegel"-Affäre. Der Verteidigungsminister witterte einen Abgrund an Landesverrat wegen eines Artikels, die Bundesrepublik sei nur "bedingt abwehrbereit". Die Redaktion wurde durchsucht und unter anderem "Spiegel"-Chefredakteur Rudolf Augstein wurde verhaftet.

Strauß zog sich aber anders als nun wohl Guttenberg nicht komplett von der bundespolitischen Bühne zurück und wurde 1963 Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag. 1966 feierte er sein Minister-Comeback im Bonner Finanzministerium. Zusammen mit SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller meisterte er als Plisch und Plum die erste Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. 1980 wurde Strauß dann sogar Kanzlerkandidat der Union, unterlag aber gegen SPD-Kanzler Helmut Schmidt.

Özdemir, Gysi, Schäuble - alle sind geläutert

In der jüngeren Vergangenheit kamen unter anderem Cem Özdemir (Grüne) und Gregor Gysi (Linke) nach Affären um privat genutzten Bonusmeile wenige Jahre später als Partei- beziehungsweise als Fraktionschef zurück. Und Wolfgang Schäuble galt im Jahr 2000 nach seinen Verwicklungen in die CDU-Spendenaffäre um den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber als politisch erledigt, wurde dann aber ab 2005 zu einem wichtigen Minister in den Regierungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU): erst übernahm er das Innen-, dann das Finanzressort.

CSU-Chef Horst Seehofer betonte am Mittwoch noch einmal, dass er auf eine Rückkehr Guttenbergs setzt. "Er gehört zu uns, er ist einer von uns. (...) Wir brauchen ihn auch." Wahrscheinlich wird sich der 39-jährige nach dem Großen Zapfenstreich aber erst einmal aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Neben dem Minister- und den Parteiämtern wird Guttenberg auch sein Bundestagsmandat niederlegen. 15 noch anstehende Wahlkampftermine in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat er abgesagt. Politik-Pause total.

Nach Meinung des Parteienforschers Gerd Langguth wird Guttenberg danach aber gestärkt aus der Plagiatsaffäre hervorgehen und könnte sich zu einem ernsthaften Konkurrenten für CSU-Chef Horst Seehofer entwickeln. 2013 stehen in Bayern Landtagswahlen an, womöglich könnte Guttenberg sein Comeback als bayerischer Ministerpräsident starten. "Sein Rücktritt ermöglicht ihm ein Comeback", sagte der Bonner Professor der Online-Ausgabe des "Handelsblatts". "Dadurch, dass er der Bevölkerung Anteil an seiner politischen und menschlichen Erschöpfung gibt, gewinnt er bei ihr neue Sympathien." Zunächst sei nun aber ein Bußgang angesagt, "dem sicherlich ein Hochamt folgen wird".

dpa