Bundestag fordert Religionsfreiheit weltweit

Bundestag fordert Religionsfreiheit weltweit
Unmittelbar vor der Weihnachtspause hat der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, sich weltweit für Religionsfreiheit einzusetzen.

In einer ausführlichen Debatte waren sich die Abgeordneten am Freitag in Berlin fraktionsübergreifend darüber einig, dass die freie Religionsausübung ein universales Menschenrecht ist. Für einen Antrag der Regierungskoalition stimmten insgesamt 374 Abgeordnete. Die Grünen hatten zuvor angekündigt zuzustimmen. Die SPD wollte sich enthalten. Die Linke lehnte ihn ab. Insgesamt stimmten 69 Abgeordnete dagegen, 127 enthielten sich.

Hinweis auf verfolgte Christen

Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Volker Kauder (CDU), richtete in der Debatte das Augenmerk vor allem auf verfolgte Christen. Aus dem Irak gebe es wöchentlich Meldungen über getötete oder verfolgte Christen. Kauder plädierte für eine Entwicklungszusammenarbeit mit den irakischen Christen. "Es kann nicht unser Ziel sein, dass in der Welt christenfreie Zonen entstehen an Orten, an denen Christen seit Jahrtausenden ihre Heimat haben." Wenn Menschen daran gehindert würden, ihre Religion zu leben oder eine Religion anzunehmen, dann seien sie in ihrer Würde als Menschen beschränkt, sagte Christian Lindner (FDP).

SPD, Grüne und Linke betonten stärker die Verfolgung von religiösen Minderheiten generell. Konflikte hätten häufig eigentlich politische oder soziale Ursachen, aber die Leidtragenden seien oft die Angehörigen religiöser Minderheiten, sagte der SPD-Menschenrechtspolitiker Christoph Strässer. Er erwähnte, dass Christen mitunter auch zu den Verfolgern gehörten. Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, warnte davor, "bei verfolgten Christen laut aufzuschreien, aber bei anderen wegzuschauen". In ihrem Antrag forderten die Grünen, eine Priorisierung einzelner religiöser Minderheiten zu vermeiden.

Die SPD-Fraktion wies in ihrem Antrag, der jedoch wie der der Grünen keine Mehrheit fand, auch auf die Lage in Deutschland hin. Nach wie vor stehe die Beschimpfung von Bekenntnissen unter Strafe, wenn dadurch der öffentliche Frieden gestört werde. Das stehe in einem Spannungsverhältnis zum Recht auf Meinungs- und auf Religionsfreiheit. Ebenso müssten Asylbewerber eine Ablehnung fürchten, wenn sie nur öffentlich religiös verfolgt würden. Anerkannt würden häufig nur jene, die auch privat ihre Religion nicht ausüben könnten.

"Untrennbar mit der Integrationsdebatte verbunden"

Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, Tom Koenigs (Grüne), sprach ebenfalls über die innenpolitische Situation. Auch in Deutschland müsse die Mehrheit verstehen, dass Minderheiten das gleiche Recht auf freie Religionsausübung hätten. Die Debatte über Religionsfreiheit sei untrennbar mit der Integrationsdebatte verbunden.

Auch der Religionsbeauftragte der Linksfraktion, Raju Sharma, richtete den Fokus auf Deutschland. Keine Religion dürfe gegenüber einer anderen Religion privilegiert werden. Das sei in vielen EU-Ländern und auch in Deutschland jedoch keine Wirklichkeit. Die Bezugnahme auf die christlich-jüdische Tradition in Deutschland grenze zudem viele Migranten aus.

Als Gäste verfolgten mehrere Religions- und Kirchenvertreter die Debatte im Bundestag. Der katholische Trierer Bischof Stephan Ackermann forderte die Aufnahme weiterer christlicher Flüchtlinge aus dem Irak. Deutschland dürfe sich "nicht als Land darstellen, dass sozusagen einen Sicherheitswall um sich aufbaut", sagte er dem Deutschlandfunk. In der Bundesrepublik gebe es Kapazitäten, um noch mehr irakischen Christen Schutz zu gewähren, so Ackermann, der auch Vorsitzender der Deutschen Kommission von "Justitia et Pax" ist. Bereits 2009 wurden 2.500 verfolgte Iraker aufgenommen, darunter zahlreiche Christen.

1948 beschlossen …

Religionsfreiheit ist das Recht, sich frei zu einer Religion bekennen und diese ausüben zu können. In Artikel 18 der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte", die 1948 von den Vereinten Nationen beschlossen wurde, wird jedem Menschen das Recht zuerkannt, seinen Glauben öffentlich durch Gottesdienst, Lehre und Riten zu bekunden. Dazu zählt auch die "negative Glaubensfreiheit", keinen Glauben zu haben.

Dennoch ist die Religionsfreiheit weltweit häufig gefährdet. Menschenrechtler sehen sie unter anderem in China sowie in Ländern mit starken islamistischen Strömungen beeinträchtigt. So ist es in den vergangenen Jahren vor allem im Irak immer wieder zu Anschlägen auf Christen gekommen.

"Das friedliche Zusammenleben der Völker darf nicht durch den Missbrauch religiöser Überzeugungen gefährdet werden", heißt es in einem 2003 veröffentlichten Text der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Religionsfreiheit. Das Ringen um dieses Recht hatte nach der Reformation eingesetzt, als evangelische Minderheiten in Europa um ihres Glaubens willen verfolgt wurden.

… seit 1966 rechtsverbindlich

Als Recht tauchte Religionsfreiheit erstmals in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung (1776) und der Verfassung von 1791 auf sowie in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der Französischen Revolution. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf wurde im 20. Jahrhundert zu einem wichtigen Anwalt des Menschenrechts freier Religionsausübung. Ein entsprechender ÖRK-Text von 1948 floss in die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" ein.

Während die UN-Deklaration lediglich ein Ideal beschreibt, wurde die Rechtsverbindlichkeit der Religionsfreiheit in späteren Vertragstexten festgeschrieben: vor allem 1966 im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte der UN und in der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950. Auch im Artikel 4 des Grundgesetzes ist das Recht verankert.