Lasst uns miteinander

Lasst uns miteinander
Challenges zu verschiedenen Themen gibt es in den sozialen Medien viele. Manche machen aus dem Netz eine Gemeinde.

Plötzlich ist die Timeline auf Facebook und Twitter voll mit Dankesworten. Jemand hat mit einer „Dankbarkeitschallenge“ begonnen. Sämtliche Freunde werden aufgefordert und eingeladen, drei Dinge zu nennen, für die sie dankbar sind. Am vergangenen Tag, in der vergangenen Woche oder insgesamt in ihrem Leben.

Das Echo darauf hallt lange nach. Immer mehr machen mit. Oft sind es die kleinen Dinge des Lebens, für die gedankt wird. Das selig-schlafende Baby. Der Spaziergang durch goldenes Herbstlaub. Der Kaffee mit Milchschaum.  

Miteinander vernetzt und verlinkt entsteht nach und nach eine Gemeinde aus Dankbaren, eine Netzgemeinde. Nicht alle würden von sich behaupten, Christen zu sein. Bei weitem nicht. Manche sind ob dieser Zuordnung sogar mehr als skeptisch. Aber dankbar sind alle für irgendetwas. Und das verbindet sie miteinander. Zumindest auf Facebook.

Einmal schlägt eine vor, eine Lobliste zu schreiben. Drei Dinge des Lebens zu nennen, für die man nicht nur dankbar ist, sondern auf die man ein Loblied singen könnte. Gerichtet an den Höchsten. Lobe den Herrn. Kommet zuhauf. Psalter und Harfe wacht auf. Lasset den Lobgesang hören.* Dabei machen nicht mehr alle mit. Danken fällt leichter als loben. Was ist das überhaupt für ein altes Wort, dieses „Lob“? Und ist das nicht ganz schön vorneuzeitlich? Sind wir nicht am Ende selbst unseres Glückes Schmied?

Die Netzgemeinde verliert einige Mitglieder. Manche fühlen sich in ihrer Skepsis bestärkt: Jetzt kann man nicht mehr einfach dankbar sein, jetzt muss man sein Lob an jemanden richten. Das passt nicht für alle. Viele bleiben trotzdem dabei. Entscheiden für sich: Danken und Loben liegen nah beieinander. Die drei Dinge bleiben ähnlich. Gott lässt sich in Klammern setzen. Manche loben sich selbst, die Nachbarin, den Nächsten. Manche verzichten auf die Klammer und loben den Herrn. 

Bei der „Lieblingslied-Challenge“ wird die Beteiligung wieder größer. Lieder teilen, erinnern und singen, das ist leicht, das macht Spaß, das verbindet. Von Queens „I want to break free“ bis Leonard Cohens „Hallelujah“ ist alles vertreten.

Und dann setzt einer, dem das Loben viel zu patriarchal und fromm war, plötzlich ein „Amen“ in die Kommentarspalte. Unter eines der genannten Lieder. Eine Erinnerung an den Kinderchor der Kirchengemeinde. Es ist: „Lasst uns miteinander.“ Er antwortet: So soll es sein.

 

*geistliches Lied mit einem Text von Joachim Neander (1680)

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