Mehrere Hunderttausend Menschen sind laut Veranstalterangaben anlässlich des Berliner Christopher Street Days (CSD) durch die Hauptstadt gezogen. "Die Demonstration war so groß wie lange nicht mehr", teilte der Vorstand des Berliner CSD-Vereins mit. Die gesellschaftliche und politische Situation habe die queere Community und deren Unterstützerinnen und Unterstützer im besonderen Maße mobilisiert. Der Demonstrationszug sei laut einer Polizeisprecherin bis zum späten Nachmittag ohne Vorfälle und friedlich verlaufen.
Der CSD war am Samstag durch den Co-Vorstand des Berliner CSD-Vereins, Marcel Voges, eröffnet worden. Er sagte in seiner Eröffnungsrede, die queere Community wolle "den Platz in der Gesellschaft, den wir uns über viele Jahre erkämpft haben, mit aller Kraft verteidigen". Das diesjährige Motto lautete "Nie wieder still!" Auch die Bundestagsvizepräsidenten Josephine Ortleb (SPD) und Omid Nouripour (Grüne) sprachen zu den Teilnehmenden.
Die evangelische Kirche hat sich am Wochenende erneut mit einem eigenen Wagen an der Parade zum Christopher Street Day (CSD) in Berlin beteiligt. Der Leitspruch des Kirchen-Trucks zum 47. CSD am Samstag laute "Liebe tut der Seele gut", wie die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) mitteilte. Damit werde "ein klares Zeichen gegen Diskriminierung und für gelebte Vielfalt" gesetzt. Schirmherrin des Kirchen-Trucks ist die neue Berliner Generalsuperintendentin Julia Helmke.
Würde sei verletzlich und müsse geschützt werden, sagte Helmke: "Hier will die evangelische Kirche auch nicht neutral sein, sondern bleibt den Menschen zugewandt." Bereits am Vorabend des CSD wurde in die St. Marienkirche am Alexanderplatz zu einem multireligiösen Gottesdienst eingeladen. Unter dem Motto "Liebe braucht Mut" sind christliche, jüdische und muslimische Gläubige zusammengekommen. Erstmals hat sich auch die katholische Organisation "Out in Church" beteiligt.
Drei politische Kernforderungen
Auf der Demonstration wurden drei politische Kernforderungen gestellt: der Erhalt der Community- und Beratungsstrukturen, die Aufnahme queerer Menschen ins Grundgesetz und ein wirksamer Kampf gegen Hasskriminalität.
Der Demonstrationszug setzte sich leicht verspätet mit 80 Wagen und 100 Fußgruppen in Bewegung. Gegen 17 Uhr erreichte er das Brandenburger Tor. Dort gab es neben der Abschlusskundgebung ein Programm aus Musik und Reden bis Mitternacht.
Der Bundesrat hat am Samstag zum Berliner Christopher Street Day (CSD) die Regenbogenflagge gehisst. Diese stehe "als Bekenntnis zu Werten, denen wir uns als Demokratinnen und Demokraten verpflichtet fühlen", erklärte die Bundesratspräsidentin und saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hat dagegen entschieden. Sie hatte ihre Entscheidung gegen die Beflaggung am CSD damit begründet, dass die Regenbogenfahne bereits am 17. Mai - dem internationalen Aktionstag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie - gehisst wurde und der CSD ein Tag der Versammlung und des Protests sei.
BVG beflaggt U-Bahnstation "Bundestag"
Eigens für den CSD haben die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) in dieser Woche die Treppen an der U-Bahnstation "Bundestag" mit Klebestreifen in Regenbogenfarben eingefärbt. Zudem wurde ein Eingang der Station mit der "Progressive Pride Flag", einer erweiterten Regenbogenflagge, beklebt. Auf Instagram erklärte die BVG: "Wir helfen gerne beim Flagge zeigen." Die Polizei war am Samstag in Berlin mit insgesamt 1.300 Kräften vor Ort. Darunter befanden sich auch Unterstützungseinheiten aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und der Bundespolizei.
In Chemnitz haben nach ersten Polizeischätzungen am Samstag zwischen 800 und 1.000 Menschen friedlich den Christopher Street Day (CSD) begangen. Die Demonstration stand unter dem Motto "Vom Beton zum Regenbogen - Chemnitz2025 mischt auf!". Auf dem Wagenumzug folgte ein Straßenfest auf dem Brühl. Der CSD war gleichzeitig der Höhepunkt einer Aktionswoche, die seit dem 19. Juli in Europas Kulturhauptstadt 2025 stattfand.
Der Christopher Street Day erinnert an einen Aufstand der Homosexuellen-Community im New Yorker Stadtteil Greenwich Village im Umfeld der Bar Stonewall Inn in der Christopher Street, der am 28. Juni 1969 begann.