Petrus hatte vielleicht Nerven!

Petrus hatte vielleicht Nerven!
Foto: epd-bild/Osservatore Romano
Geht die traditionelle Segensgeste auf einen Nervenschaden zurück? Mit Spock, Manuel Neuer, Franziskus und einer angebundenen Katze.

„Lebe lang und in Frieden!“ Dieser Satz des berühmten Vulkaniers Spock ist natürlich allen Star-Trek-Fans geläufig, auch die dazugehörige Geste mit den seltsam gespreizten Fingern. Weniger bekannt, aber eigentlich doch fast Allgemeingut, ist die Tatsache, dass es sich bei dieser Geste wohl um eine alte jüdische Segensgeste handelt: Die ausgestreckten Finger ergeben das hebräische Zeichen Schin (ש), den ersten Buchstaben des Wortes „Schalom“(שלם), also Frieden.

Wie die Wissenschaftszeitung „Spektrum“ nun vor kurzem unter der gewohnt bissig-augenzwinkernden Überschrift „Päpstlicher Segen basiert auf Nervenschaden“ berichtete, gibt es  neuere Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass bereits Petrus sich genau so verzweifelt an dieser fingerverrenkenden Geste versuchte und daran scheiterte wie viele Trekkies heute. Nur leider, so die Theorie weiter, hinderte ihn daran eine Verletzung des Ellennervs, der die Bewegung der letzten zwei Finger steuert. So entstand die bis heute für Päpste typische Handhaltung mit lediglich zwei ausgestreckten Fingern.

Ich selbst habe mal irgendwann im Studium gehört, diese Fingerhaltung symbolisiere die Dreieinigkeit (Daumen, Zeigefinger und heiliger Mittelfinger), was angesichts der Tatsache, dass selbiger Daumen nicht ausgestreckt, sondern eingezogen ist, aber auch irgendwie nicht so ganz überzeugend ist. 

Auf jeden Fall scheint mir das gar nicht so wirklich weit hergeholt, dass sich so eine Sache als Tradition verselbständigt. Ich selbst habe jetzt am Laptop sitzend einige Segensübungen gemacht um festzustellen, wie ich eigentlich segne. Ja – mein Ellennerv scheint auch beschädigt zu sein. Oder ich bin Papst und weiß es nur nicht. Während ich zuerst zum Segen ganz klassisch die flachen Hände ausbreite, nehmen meine Finger beim Schlagen des Kreuzzeichens eine ganz ähnliche Haltung ein wie die hier beschriebene. Nur Papst Franziskus macht auch hier anscheinend eine Ausnahme, wie das obige Bild seines ersten Segens nach der Papstwahl deutlich macht. Vielleicht bin ja in Wirklichkeit ich der Papst – und er ist Manuel Neuer?

Nun ist diese Tradition ja in keiner Weise schädlich, ganz egal, woher sie tatsächlich kommen sollte. Wäre sie wirklich auf einen Nervenschaden des Petrus zurückzuführen, wäre das, wie soll ich sagen, anrührend, menschlich und ein kleines Lächeln wert. Ich musste dabei an die berühmte Geschichte von der angebundenen Katze denken, deren Ursprung ich nicht herausgefunden habe, die aber in Bachmichels Blog nachzulesen ist. In dieser Geschichte ist die Frage dann schon virulenter: Welche Traditionen haben wir, die wir nur noch um der Tradition willen aufrecht erhalten? Wo müssen, können, dürfen wir Altes über Bord schmeißen, um wieder frischer und fröhlicher die frohe Botschaft zu verkündigen? An der Segenshaltung wird’s nicht liegen. Aber manchmal vielleicht an alten Strukturen. An überkommener Sprache, die keiner mehr versteht. Vielleicht hat unsere ganze Kirche manchmal so was wie einen Nervenschaden.

Aber wir arbeiten dran. Versprochen. Leben Sie lang und in Frieden!

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