Der falsche Kampf des Glaubens

Der falsche Kampf des Glaubens

„Kämpfet den guten Kampf des Glaubens!“ So schreibet der Heilige Apostel Paulus im ersten Brief an Timotheus im VI. Kapitel. Was für ein Appell! Was für ein Aufruf! Manche Menschen, die wohl eher eine kriegerische Veranlagung haben, fühlen sich insbesondere von diesem Vers angesprochen und bauen gewissermaßen ihre ganze Theologie darauf auf. Eine kriegerische Theologie der Liebe Gottes! Yeah, das hat doch was. Andere versuchen, das irgendwie in Richtung „Kampf ist Versöhnung“ umzuinterpretieren, weil ja der Kontext und überhaupt.

Zu klären wäre dann auch noch, welches Ziel dieser „gute Kampf des Glaubens“ haben soll. Weil Kämpfen nur um des Kämpfens willen, das hat irgendwie auch nicht so arg viel Sinn. Was wollen wir erreichen? Dabei schreibt es doch Paulus selber im Vers davor, was das Ziel dieses „Kampfes“ sein soll: „Jage dagegen der Gerechtigkeit nach, der Gottesfurcht, dem Glauben, der Liebe, der Geduld und der Freundlichkeit!“

####LINKS####Was für ein Kampf. Was für ein Ziel. Großartig, wie Paulus das Bild des Kampfes gewissermaßen ins völlige Gegenteil verkehrt.

Manche allerdings verstehen das nicht. Manche schreiben sich nur den „guten Kampf des Glaubens“ auf die Fahnen. Ob mittelalterliche Hexenverfolger oder moderne Kriegstreiber. Und dann gibt es natürlich noch die, die völlig das von Paulus genannte Ziel aus den Augen verlieren und einfach ihr eigenes, fast willkürlich gewähltes Ziel einsetzen: Bekämpfung von Homosexualität, Muslimen, Gottesdienstverweigerern, Atheisten, Sex-vor-der-Ehe-Habern oder, gar grausiglich, ich wage es kaum zu schreiben, Selbstbefriedigern.

Ich verstehe ganz grundsätzlich nicht, warum manche Christen ihren Glauben nahezu darauf reduzieren, andere Formen von Sexualität als die selbst praktizierte zu bekämpfen und als Sünde darzustellen. Wo doch die Bibel voll ist von Sex and Crime und ziemlich ungeniert die ganze Bandbreite von menschlichen Gefühlen, auch sexuellen, beschreibt. Aber lassen wir das mal dahingestellt sein. Denn was die Mormonen (wer genau, habe ich allerdings nicht herausgefunden) mit diesem kleinen Filmchen abgezogen haben, dafür fehlen mir die Worte.

Sie wissen noch, welche Ziele Paulus für den Kampf des Glaubens nannte? Gerechtigkeit. Gottesfurcht. Glauben, Liebe, Geduld, Freundlichkeit. Von „du darfst dich nicht selbst befriedigen“ stand da nichts. Doch dieser Film reduziert den Glauben genau auf diesen Punkt. Als wäre es die größte Sünde aller Zeiten, ein bisschen Spaß mit dem eigenen Körper zu haben, der einem doch von Gott geschenkt wurde.

Dazu Weltkriegs-Szenen: Der Soldat, der den Kampf gegen den großen Feind, die Selbstbefriedigung (und nebenbei auch die Pornographie), verloren hat. Der verwundet und geschwächt am Boden liegt. Den darf man nicht allein lassen! Für ihn beten! Ihn mitnehmen! Niemand wird zurückgelassen! Der gute Kampf muss weitergehen!

Szenenwechsel. Alles wieder gut. Der Kampf ist gewonnen. Eine handverlesene Auswahl hübscher, junger Mädchen steht zur Verfügung, um dem beinahe gefallenen Helden den Sieg über den eigenen Körper schmackhaft zu machen.

Oh Mann, liebe Mormomen. Ehrlich: Es gibt Gruppierungen, da bin ich ganz froh, dass sie ganz offiziell nicht zum Christentum zählen, obwohl wir gemeinsame Wurzeln haben.

Nein. Ein ganz klares Nein. Dieser Film ist so weit weg von meinem eigenen Glauben und meiner Überzeugung, wie es nur irgendwie geht. Ihr habt so viel falsch verstanden vom „guten Kampf des Glaubens“, dass es mich wirklich traurig macht.

Ich möchte euch sagen: Ihr seid schon erlöst! Jesus hat euch befreit! Und ein erlöstes Leben ist keines in düsteren Weltkriegsbildern mit Gegnern, die in Wirklichkeit keine sind. Ein erlöstes Leben ist eines, in dem ich befreit lachen kann, auch wenn es vieles gibt, was nicht gut läuft. Ein erlöstes Leben ist eines, in dem ich mich am Leben freuen kann, auch am eigenen Körper, auch an der eigenen Sexualität, die mir doch wohl auch von Gott gegeben wurde.
Der wahre Gegner: Das ist die Ungerechtigkeit in der Welt. Der Hass. Die Tatsache, dass Menschen verhungern und andere durch Bomben und Granaten sterben. Lasst uns dagegen kämpfen. Mit der einzigen Waffe, die uns Gott gegeben hat: Der Liebe.

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