Adventliche Kalenderaufrüstung

Adventliche Kalenderaufrüstung

Haben Sie Kinder? Dann standen Sie dieses Jahr bestimmt auch schon wieder verzweifelt vor der Wahl. Playmobil oder Lego, Barbie oder Kinderüberraschung, Star Wars oder Powerranger (ach nee, die sind glaube ich schon wieder ein paar Jahre out). Na klar: Ein Adventskalender muss her! 24 hübsche Geschenklein für die Kleinen. Auf dass die Kinderaugen nicht nur an Weihnachten, sondern jeden Tag ein bisschen leuchten. Dafür ist uns, so scheint es, kein Weg zu weit, keine Anschaffung zu teuer, kein Stellplatz zu groß: Das Aufrüsten der Adventskalender hat wieder begonnen. Ich kann mir die Gespräche auf dem Pausenhof lebhaft vorstellen, sagen wir mal, am 4. Dezember: „Was hattest du? Ein Stück Schokolade? Bei mir war heute ein Playstation-Spiel drin!“ „Ach, das ist doch gar nichts! Ich hab heute ein neues Fahrrad gekriegt!“ „Bei mir war's eine ganze Playstation!“ „Ich hab das neue iPhone!“ Ein gewisser Gruppendruck ist nicht zu leugnen, da mitzumachen, selber etwas vorweisen zu können, nicht nur 3,125 Gramm Schokolade.

Auch für Erwachsene gibt's ja die verschiedensten Adventskalender. Das fängt bei den Kalendern – nun ja - „für Erwachsene“ - an. Wer sich etwas mehr leisten kann, holt seinen Kalender beim Juwelier. Multimillionäre schenken sich dieses Jahr jeden Tag im Dezember ein anderes Auto. Die Produktion der Sonderedition für Diktatoren wurde aus aktuellem Anlass eingefroren. Noch letztes Jahr erfreuten sich diverse mittlerweile abgesetzte ältere Herren jeden Tag über einen neuen Panzer, ein Maschinengewehr, eine neue Abhöreinrichtung für den Geheimdienst...

Ach, vielleicht habe ich doch ein wenig übertrieben. Es gibt ja auch schöne Kalender, wirklich. Mit nachdenklichen und anrührenden Texten und Bildern– etwa dem „anderen Advent“ von Andere Zeiten e.V. Mit Kleinigkeiten, die wirklich Freude machen. Auch evangelisch.de bietet einen Email-Adventskalender mit Gedanken zu Advent und Weihnachten.

Muss es denn wirklich immer mehr, immer größer, immer besser sein? Jeden Tag ein Playmobil-Spielzeug, eine Barbiepuppe, ein Überraschungsei? Ich finde: Geschenke gibt's an Weihnachten. Wer jeden Tag schon was Großes bekommt – wie kann der sich noch über die „richtigen“ Geschenke an Weihnachten freuen? Werden da die einzelnen Geschenke nicht wertlos, wenn sie in der Flut von Dingen untergehen?

Meine Kinder sind, auch wenn mich das selbst erstaunt, nach wie vor glücklich mit dem allereinfachsten Schokolade-Adventskalender. Jeden Morgen ab dem 1. Dezember gehen sie noch vor dem Frühstück hin und suchen ihr Türchen. Eine kleine Freude am Morgen. Etwas Besonderes – und doch nur eine winzige Kleinigkeit. Gerade mal 75 Gramm – im ganzen Kalender.

Etwas Besonderes sind für mich die selbst gemachten Adventskalender. Da hat sich jemand Gedanken gemacht. Mühe gemacht. 24 verschiedene Dinge zusammengesucht, um einem anderen Freude zu machen. Ich finde: Das ist nochmal eine ganz andere Kategorie als ein fertig gekauftes, möglichst teures und großes Ding. Und dann gibt es natürlich noch so wunderschöne Aktionen wie das Adventskalenderhaus von Andrea Juchem. Daneben sicher ganz viele andere, die ich nicht kenne.

Aber am allerwichtigsten, denke ich, ist sowieso etwas anderes. Etwas, das auch mir nicht immer gelingt: Zeit haben. Zuhören. Miteinander etwas unternehmen. Spielen, Plätzchen backen, Musik machen. Ich bin mir sicher: Dafür würde in den meisten Familien der schönste, größte und teuerste Adventskalender in der Ecke stehen bleiben.

Einen schönen Advent!

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Von Zeit zu Zeit die Welt beobachten - und wieder einmal die Kirche. Über drei Monate nach der ForuM-Studie.
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