Moderne Musik? Ein Greuel!

Moderne Musik? Ein Greuel!

„Wenn weiter diese modernen Lieder im Gottesdienst gesungen werden, dann trete ich von allen meinen Ämtern zurück“. - Vor ungefähr 25 Jahren belauschte ich als Jugendlicher unfreiwillig dieses Gespräch zwischen unserem damaligen Pfarrer und – ich weiß nicht mehr, wer es war – vielleicht einem Kirchenvorsteher der Gemeinde. Es ging um Lieder wie „Herr deine Liebe“ oder „Ins Wasser fällt ein Stein“. Nichts wirklich Weltbewegendes also. Lieder, die mittlerweile im „Evangelischen Gesangbuch“ angekommen sind (zumindest im bayerisch-thüringischen Regionalteil) und bei nahezu jeder Taufe gewünscht werden. Heute muss man vermutlich schon mindestens Michael Jackson oder vielleicht gar Rammstein bemühen, um ähnliche Reaktionen hervorzurufen.

Na ja, kommt darauf an. Auch heute noch gibt es Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker, die verächtlich auf das „Neue Geistliche Lied“ herabsehen. Dabei gibt es in diesem Bereich wirklich fantastische Texte und berührende Melodien. In Schweinfurt lade ich zur Zeit einmal in der Woche ein, neue Lieder zu entdecken. Letzte Woche fanden wir eines in unserem Liederbuch, das auch ich noch nicht kannte, das uns aber sehr faszinierte: „Der Müden Kraft, der Blinden Licht – das wird, das kommt. Ich weiß!“ (Text: Eugen Eckert, Melodie: Johanns Müller)
Aber tatsächlich gibt es nach wie vor Leute, die sich von solchem Liedgut verächtlich abwenden. Christliche Popularmusik, igitt!

Mir tut es gut zu wissen: Selbst einer der großen „Stars“ am Himmel der Kirchenmusik hatte zu seiner Zeit mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Johann Sebastian Bach. Unbestritten einer der größten Musiker seiner Zeit und vielleicht aller Zeiten. Am Sonntag feiern wir seinen 325. Geburtstag. Doch dem Leipziger Magistrat und vielen Besuchern waren seine Kompositionen zu modern, nicht passend für die Kirche. Das Gehalt wurde ihm gekürzt, teilweise weitere Aufführungen verboten.

Trotzdem machte er weiter. Immer zum Lob Gottes, das war das wichtigste für ihn: Musik als ein Weg des Menschen zu Gott. Musik als die Begegnung von Gott und Mensch. "Bey einer andächtigen Musique ist allzeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart“, so schrieb er einmal.

Zu seiner Zeit war er zwar schon bekannt, aber keiner der ganz ganz Großen in der Musikbranche. Das änderte sich erst 100 Jahre später, als 1829 Felix Mendelssohn-Bartholdy die Bachsche Matthäuspassion neu aufführte – und damit eine regelrechte Bach-Renaissance auslöste.

Musik als Begegnung von Gott und Mensch. So unterschiedlich wir Menschen sind, so unterschiedlich mag auch die Musik sein, die uns auf diesen Weg bringt. Was die einen als berührend empfinden, ist für die anderen bedrohlich. Was für die einen langweilig ist, ist für die anderen feinstens ausgeklügelte Kunst der Fuge. Bei allen musikalischen Differenzen: Musik, ja, das ist auch für mich ein Weg zu Gott. Ob Klassik oder Sacropop: Sie wird gespielt zur Ehre Gottes. „Soli deo gloria“, wie Bach unter viele seiner Werke schrieb. „Allein zur Ehre Gottes“.

Bild: Ölgemälde von Elias Gottlob Haußmann aus dem Jahre 1748, Quelle: Wikipedia

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