Nur kurz in das Gewand eines Novizen schlüpfen, am Automaten drehen, um ein Bändchen mit einem neuen, mittelalterlichen Namen zu erhalten - und schon ist man Teil des Lebens im "Kloster M": Seit Juni ist ein Mitmachmuseum für Kinder in das ehemalige Kameralamt im Klosterhof in Maulbronn (Enzkreis) eingezogen. Unter dem Titel "Pssst... Die junge Klosterwelt" sind Schulklassen und Familien mit Kindern ab etwa acht Jahren dazu eingeladen, auf 200 Quadratmetern auf Entdeckungstour zu gehen.
Im ersten Raum lernen sie fünf fiktive Charaktere aus der Klosterzeit kennen, die die Kinder auf ihrer Reise begleiten. So gibt es etwa den Chormönch Johannes, der es liebt, Psalmen zu singen, oder den jungen Ritter Heinrich, der zum Novizen Clemens wird und einen neuen Haarschnitt, eine Tonsur, erhält. "Viele Jugendliche, die ins Kloster eintraten, stammten aus dem Adel. Da die Erstgeborenen meist das ganze Erbe erhielten, wurden die zweitgeborenen Söhne oft ins Kloster geschickt, um für ihre Familie zu beten", erklärt Klosterführerin Verena Sorce.
An einem großen runden Tisch befinden sich Schubladen mit Uhrzeiten, die den durchgetakteten Alltag der Mönche erklären, der aus Beten und Arbeiten, aus "ora et labora", bestand. Acht Gebetszeiten, dazwischen Essen, Arbeit und Schlaf - so sah damals das Leben eines Zisterziensermönchs aus. Den 12-jährigen Freundinnen Johanna und Ilka, die die Klosterwelt besuchen, gefällt das Scriptorium am besten: Eine Schreibstube, in der sie sich mithilfe von Schablonen an mittelalterlichen Lettern ausprobieren können.
Daneben laden romanische und gotische Fensterbögen dazu ein, mit farbigen Puzzleteilen bestückt zu werden. Und auf der "Baustelle" können die Kinder versuchen, mit einer Steinzange und kleinen Bausteinen einen selbsttragenden Rundbogen aufzubauen. Gar nicht so einfach, wie die beiden Mädchen merken. Ein "Maultaschenmemory" erklärt die Essgewohnheiten der Mönche, wie beispielsweise, dass jeder Mönch pro Tag 500 Gramm Brot erhielt und es kaum Fleisch, sondern vor allem Fisch gab.
Wer mag, kann in einem nachgebauten Chorgestühl Platz nehmen und dem Gesang der Mönche lauschen oder sogar auf der Latrine probesitzen. Bei dem Quiz "Wer's weiß, wird selig" können die jungen Besucher ihr Wissen über das Kloster testen: Ist ein Mönchsorden eine "Goldmedaille für gutes Beten" oder doch eher "eine Gemeinschaft von Mönchen"? Und beim "Mönch ärgere Dich nicht" lernen die Besucher ganz nebenbei auch etwas über den Alltag im Kloster, wenn es dort heißt, dass es Zeit für die Schafschur ist und die Wolle für neue Kutten zur Weberei gebracht werden soll oder der Abt Zahnschmerzen hat und für einen heilenden Tee Salbei aus dem Klostergarten braucht.
Eine Kugelbahn zeigt den Weg durch das durchdachte Wassersystem der Zisterzienser: Rohre bringen frisches Quellwasser ins Brunnenhaus, und das Abwasser aus der Küche oder den Latrinen wird unterirdisch entsorgt. Laut einer Gründungslegende soll ein Maulesel den richtigen Standort des Klosters Maulbronn gefunden haben, indem er eine Quelle entdeckte, erklärt Verena Sorce. Dies zeige, dass Wasser damals enorm wichtig für ein Kloster gewesen sei.
Laut Jürgen Franke von der Klosterverwaltung Maulbronn ist das Klosterkindermuseum auf jeden Fall in Baden-Württemberg einmalig, wahrscheinlich sogar deutschlandweit. Ziel sei, dass Kinder den "Vibe" von damals erleben können. Und mit allen Sinnen erfahren, wie die Mönche einstmals lebten.