TV-Tipp: "Die Füchsin: Rachespiel"

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27. November, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Füchsin: Rachespiel"
Im Auftrag des Verfassungsschutzes soll Privatdetektivin Anne Fuchs eine Informantin aus Saudi-Arabien betreuen. Eine diplomatische heikle Mission, deren Hintergründe sich nach und nach enthüllen.

Saudi-Arabien genießt hierzulande keinen besonders guten Ruf. Meinungsfreiheit ist in der absolutistischen Monarchie ein rares Gut, bei den Frauenrechten belegt das Land einen der letzten Plätze, Homosexuelle müssen mit Gefängnis oder gar der Todesstrafe rechnen.

Trotzdem pflegt die Bundesrepublik auch zu solchen Ländern diplomatische Beziehungen; von der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ganz zu schweigen. Entsprechend dünn wird das Eis, wenn die dortige inländische Opposition ins Spiel kommt; und das ist der Hintergrund, vor dem Mike Bäuml seine zweite Geschichte für die "Füchsin" entwickelt hat.

Mit dem Film "Der Spion" haben der WDR und die ARD-Tochter Degeto der Reihe eine neue Ausrichtung gegeben: Die Düsseldorfer Privatdetektivin Anne Fuchs (Lina Wandel), einst Agentin des ostdeutschen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), arbeitet jetzt für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln. Auf diese Weise kann sich die Ermittlerin in einem völlig anderen Umfeld tummeln: Die Themen bekommen einen internationalen Zuschnitt.

Im ersten Film enttarnte Fuchs eine russische "Schläferin", deren Mann im BfV arbeitete; und nun also Saudi-Arabien. Der Hintergrund der Geschichte ist komplex, aber der Fall, Stichwort dünnes Eis, ist auch vordergründig heikel: Eine saudische Menschenrechtsaktivistin hat dem BfV brisantes Material versprochen, das eine Bluttat des Geheimdienstes in Deutschland belegt; im Gegenzug will sie Asyl in Deutschland.

Die Behörde betraut Fuchs mit der Aufgabe, sich um die Frau zu kümmern und die Dokumente zu beschaffen. Sollte es zu diplomatischen Verwicklungen kommen, könnte sich das Amt problemlos von der freien Mitarbeiterin distanzieren. Tatsächlich wird das Eis gleich zu Beginn brüchig, als der Sohn eines einflussreichen saudi-arabischen Diplomaten beim Friseur erschossen wird. Sein Vater, Hakim Al-Hassani (Samir Fuchs), hat vor Jahren die Hinrichtung eines Oppositionellen in Auftrag gegeben, obwohl er mit dem Mann seit gemeinsamen Kindertagen befreundet war. Bei der Witwe, Emira Maliki (Javeh Asefdjah), handelt es sich um jene Frau, die dem BfV die geheimen Protokolle übergeben will.

Die lesbische Tochter ist gemeinsam mit ihrer Partnerin ebenfalls verhaftet worden. Prompt liegt die Vermutung nahe, dass die Frau Rache nehmen will. Tatsächlich hat die Täterin bei ihrer Flucht eine Haarklammer verloren, wie auch Emira sie besitzt. Eine Untersuchung der Haare offenbart jedoch ein verblüffendes DNS-Ergebnis: Allem Anschein nach wurde die Tat von einer Person begangen, die offiziell bereits vor geraumer Zeit verstorben ist.

Die Umsetzung lag wie bei "Der Spion" in den Händen von Christoph Schnee (Regie) und Christoph Krauss (Kamera). Die in vielen Szenen ausgeklügelte Bildgestaltung ist erneut von großer Sorgfalt. Einmal allerdings nimmt Schnee sein Publikum zu sehr an die Hand: Mit Hilfe eines cleveren Münzentricks verhindert Anne Fuchs, dass eine Haustür ins Schloss fällt. Zuvor muss Lina Wendel das Geldstück jedoch quasi in die Kamera halten, damit auch alle mitbekommen, dass es sich um eine alte DDR-Münze handelt.

Schnees Arbeit mit dem Ensemble ist deutlich subtiler. Dank des Themas konnten viele ausnahmslos eindrucksvolle Mitwirkende mit arabischen Wurzeln engagiert werden. Die meisten sind zweisprachig aufgewachsen, was der Handlung automatisch mehr Authentizität verleiht. Eine besondere Rolle spielt Sarah Sandeh: Zahra, die Gattin des Diplomaten, hat ein Herz für die Opposition und korrespondiert mit der Dissidentin über einen toten Briefkasten. Am Ende ist Blut allerdings dicker als Wasser.

Eine weitere wichtige Personalie betrifft die Leitung der BfV-Abteilung Operative Spionageabwehr. Im letzten Film hatte sich Kim Riedle amüsante Scharmützel mit Fuchs-Kompagnon Youssef El Kilali (Karim Chérif) geliefert. "Rachespiel" muss ohne diese Dialogduelle auskommen, aber die neue Leiterin ist ebenfalls speziell. Kotbong Yang versieht die klirrend kühle Clara Chu, die großen Wert auf ihren doppelten Doktortitel legt, mit einem Stoizismus, der selbst das sparsame Spiel Wendels fast schon extravertiert wirken lässt.

Chus musikalischer Geschmack ("Tanz der Ritter" aus dem Prokofjew-Ballett "Romeo und Julia") deutet jedoch an, dass sie innerlich womöglich nicht ganz so cool ist, zumal auch sie Youssef als Zielscheibe für ihre kleinen Spitzen erwählt hat. Gegen Ende erfreut das Drehbuch durch gleich mehrere Überraschungen. Zum Finale gibt’s zwar ein bisschen viel Geschrei, aber davon abgesehen ist "Rachespiele" auch dank der sehr präsenten Musik (Sebastian Pille) rundum sehenswert.