TV-Tipp: "Die Machtmaschine – Wie Facebook & Co. Demokratien gefährden"

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22. März, WDR, 22.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Machtmaschine – Wie Facebook & Co. Demokratien gefährden"
Anfangs sollten sie bloß dabei helfen, Menschen miteinander zu vernetzen. Später gab es die Hoffnung, sie würden dazu beitragen, das Wesen der Demokratie auch in den entlegensten Winkeln der Welt zu verbreiten.

Knapp zwanzig Jahre nach der Gründung von Facebook entpuppen sich die hierzulande irrigerweise als "soziale Medien" bezeichneten digitalen Netzwerke jedoch mehr und mehr als Feinde der Demokratie. Sie bieten all’ jenen eine Plattform, die ungehemmt Hass und Hetze verbreiten, und haben erheblichen Anteil an den gesellschaftlichen Umwälzungen der letzten Jahre. Es ist also aller Ehren wert, dass der WDR mit seinem "story"-Beitrag "Die Machtmaschine" über das im Grunde verbrecherische Verhalten von Facebook aufklärt: Allen Beteuerungen Mark Zuckerbergs zum Trotz geht es dem Mutterkonzern Meta ausschließlich um den Profit. Selbstredend sorgen polarisierende Äußerungen, Verschwörungserzählungen und offenkundige Unwahrheiten für weitaus mehr Plattformverkehr als ein braver bürgerlicher Austausch, weshalb der Algorithmus der Plattform solche Äußerungen besonders gern unters Volk bringt. 

Allerdings stand das Team rund um Svea Eckert, Stella Peters und Petra Nagel vor einer Herausforderung, die sich tatsächlich als kaum lösbar erwiesen hat: Wie lässt sich so eine Reportage bebildern? Schließlich ist es auf Dauer ziemlich eintönig, immer nur redenden Menschen zuzuschauen. Also behalfen sich die Autorinnen mit nachgestellten unscharfen Szenen, die einen großen Teil der optischen Ebene ausmachen, aber völlig beliebig wirken, weil sie schlichten Büroalltag zeigen; mit Zuckerberg, wie sich anhand des Kapuzenpullis mutmaßen lässt, mittendrin. Inhaltlich hat die Sendung ohnehin nicht viel Neues zu bieten; erst recht nicht für die Leserschaft von Qualitätszeitungen und Nachrichtenmagazinen. Trumps Präsidentschaftswahlkampf und seine Lügen über Hillary Clinton, der Skandal rund um Cambridge Analytica und den Einfluss des britischen Datenunternehmens auf US-Wahl und Brexit, schließlich die russischen "Trollfabriken": Wer sich schon mal mit der Materie beschäftigt hat, kennt das alles. 

Wichtig ist der Film trotzdem, weil die Strategien längst auch hierzulande angewendet werden. Die in großen Teilen rechtsextremistische AfD hat Trumps Wahlkampf sehr genau studiert. Die Partei versucht ohnehin, mit immer wieder neuen Themen einen Keil in die Gesellschaft zu treiben: einst der Euro, später die Flüchtlinge, schließlich Corona. Bei dieser Form des "Negative Campaigning" steht nicht das eigene Programm im Vordergrund; es geht in erster Linie darum, den politischen Gegner zu diskreditieren, deshalb konzentrierte sich der AfD-Wahlkampf 2017 darauf, Angela Merkel zu verunglimpfen.

Lehrreich und informativ sind auch die Einblicke ins Innere der "Machtmaschinen", für die neben zwei amerikanischen Journalistinnen diverse "Whistleblower" sorgen, allen voran die frühere Meta-Managerin Frances Haugen. Sie liefert die Informationen, die das ganze Ausmaß dieser "Chronik des Versagens" verdeutlichen. Die Kommentarbemerkung ist auf Facebook gemünzt, weil die Führungsriege stets wusste, was schief lief, und selbst absurdeste Hirngespinste im Netz ließ; allen voran den Humbug, der von QAnon verbreitet wird, einer Gruppe, die Donald Trump verehrt und überzeugt ist, eine weltweite satanistische Elite gewinne aus dem Blut von Kindern ein Verjüngungsserum. Während des US-Wahlkampfs 2016 erhielt dieser Mythos unter dem Schlagwort "Pizzagate" traurige Berühmtheit.

"Chronik des Versagens" passt aber genauso gut auf die amerikanische Politik, die es zugelassen hat, dass der Konzern nach Belieben schalten und walten konnte. Davon hat vor allem einer profitiert, weil Facebook intern eine Art "Lex Trump" erließ: Der Präsident durfte über seinen Account nach Lust und Laune Blödsinn verbreiten, der bei gewöhnlichen Nutzerinnen und Nutzern umgehend gelöscht worden wäre. Was Menschen mit wachem Verstand als "Fake News" erkannten, gipfelte bei den Anhängern des im Herbst 2020 abgewählten Präsidenten in das Märchen vom vermeintlich gestohlenen Wahlsieg und dem Sturm seiner Anhänger aufs Capitol vor gut zwei Jahren. Lügen, erläutert ein deutscher Politikberater, seien nun mal emotionaler als Fakten. An Trumps Beispiel belegt der Film, wie die Plattform ihren Teil dazu beitragen hat, Populisten den Weg an die Macht zu bereiten. Trumps Wahlkampfbüro nutzte die personalisierte Werbung, die Facebook ermöglicht. Auf diese Weise konnten gezielt Menschen angesprochen werden, die sich bis dahin nicht für Politik interessiert hatten, sich aber leicht radikalisieren ließen.