Vatikan will keine "Trennmauer" zwischen Papst und Volk

Vatikan will keine "Trennmauer" zwischen Papst und Volk
Auch ein Papst lebt gefährlich - gerade ein Papst. Der Schock war groß, als sich die 25-jährige Susanna Maiolo am Heiligabend auf Benedikt XVI. stürzte und ihn zu Boden riss. Die spektakulären Bilder gingen um die Welt. Sie zeigten, wie leicht es trotz der strengsten Sicherheitsmaßnahmen im Petersdom möglich war, an das Oberhaupt der Katholiken heranzukommen.

Bewundernswert gelassen reagierte der 82-jährige Pontifex, der sich aufraffte und durch die gut zweistündige Weihnachtsmesse führte, als sei nichts geschehen. Der Vatikan gab sich ebenfalls unbeeindruckt: Es sei undenkbar, eine "Trennmauer" zwischen dem Papst und den Gläubigen aufbauen zu wollen.

Was wäre aber nun gewesen, wenn die eigens aus der Schweiz für die Weihnachtsmesse angereiste Wiederholungstäterin böse Absichten gehabt hätte und es ihr gelungen wäre, trotz aller Kontrollen eine Waffe in die Basilika zu schmuggeln? Gottvertrauen ist das, was einen guten Katholiken auszeichnet. Das Kirchenoberhaupt im Alltag zu schützen, das bleibt dennoch strikte Aufgabe der vatikanischen Gendarmerie und der Schweizer Garde. Denn Gottvertrauen ist gut, Sicherheit besser.

Erinnerungen an das Attentat auf Johannes Paul II.

1981 wurde Papst Johannes Paul II. bei einem Attentat auf dem Petersplatz schwer verletzt. Danach wagte es der reisefreudige Karol Wojtyla nicht mehr, ungepanzert durch die Spaliere der jubelnden Massen zu fahren, die der Pole doch so liebte. Also kam das Papamobil in den Fuhrpark des Papstes. Diesem Vehikel, einem hinten offenen Geländewagen, näherte sich im Juni 2007 ein 27-jähriger Deutscher auf dem Petersplatz. Er trachtete dem deutschen Papst nicht nach dem Leben, beschwichtigte der Vatikan. Immerhin kam der Mann in eine psychiatrische Klinik.

Diese Anziehungskraft, die ein Papst auf verwirrte Geister zu haben scheint, bringt Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi nicht aus der Fassung: Als "unerheblich" habe es die vatikanische Sicherheit eingestuft, als die rot gekleidete Frau sich bereits vor einem Jahr in der Mitternachtsmesse Benedikt zu nähern versuchte. Und kein Schutz des Papstes könne hundertprozentig sein, wolle doch auch Joseph Ratzinger auf die Gläubigen zugehen.

Benedikt XVI. als ungerührter Fels in der Brandung

Man ist im Vatikan ganz sicherlich dankbar dafür, dass nun auch der zurückhaltende ehemalige Dogmatik-Professor hin und wieder Gefallen an einem Bad in der Menge zu finden scheint. Am Sonntag will er bereits wieder unter die Leute gehen - auf seinem Terminkalender steht ein Essen mit den Ärmsten der Armen in der Mensa der Hilfsorganisation Sant'Egidio in Trastevere.

Sympathien brachte es dem deutschen Papst ein, den Schock und den Sturz in der Heiligen Nacht weggesteckt und gelassen wie ein Fels in der Brandung seine weihnachtlichen Pflichten erfüllt zu haben. Unter den Solidaritätsadressen an Benedikt fanden sich auch Schreiben der jüdischen Gemeinde in Italien und des römischen Großrabbiners - und das nur Tage, nachdem der Papst von neuem Kritik der Juden auf sich gezogen hatte: Er brachte die Seligsprechung des umstrittenen Pius XII. voran, dem Juden vorwerfen, zum Holocaust geschwiegen zu haben.

Angreiferin bekam Lob auf Facebook

Wer im Internet-Zeitalter im Rampenlicht steht, der sorgt im weltweiten Netz für seltsame Blüten: Als Italiens Premierminister Silvio Berlusconi vor zwei Wochen auf dem Mailänder Domplatz von einem Angreifer verletzt wurde, hatte der Täter sofort eine große Fangemeinde im Internet. Nun ist Berlusconi nicht der Papst, doch auch die Frau, die Benedikt zu Fall gebracht hat, heimste im Internet gleich Lob für ihr Tun ein. Das kann Benedikt nur betrüben: In seiner Weihnachtsansprache hatte er deutliche Worte zu jener vor allem "moralischen Krise" gefunden, in der die Menschheit stecke.

dpa