Kirchen sehen politische Gründe für Gewalt gegen Christen in Nigeria

Kirchen sehen politische Gründe für Gewalt gegen Christen in Nigeria
Der Weltkirchenrat in Genf hat sich besorgt über die neuerlichen Anschläge auf Christen in Nigeria geäußert. "Religion darf niemals als Vorwand für einen Konflikt missbraucht werden", erklärte Generalsekretär Olav Fykse Tveit am Donnerstag.

Am Wochenende waren in Jos in Nordnigeria rund 100 Menschen getötet worden, als muslimische Fulani-Nomaden christliche Dörfer und eine Trauergesellschaft überfielen. Unter den Toten waren zwei Politiker. Die Täter waren als Soldaten und Polizisten verkleidet.

Die Gewalt zwischen Christen und Muslimen in Nigeria hat nach Erkenntnissen einer internationalen christlich-islamischen Kommission zahlreiche Ursachen. Stärker als religiöse Differenzen wögen politische, soziale, ethnische und wirtschaftliche Probleme, heißt es in einem Bericht des Weltkirchenrats und des jordanischen Aal al-Bayt-Instituts. Gravierend sei auch der Mangel an Rechtsstaatlichkeit, sagte Prinz Ghasi bin Muhammad, der das jordanische Institut leitet.

Korruption, Armut und Landkonflikte

Der Bericht stützt sich auf den Besuch einer internationalen zwölfköpfigen christlich-islamischen Kommission im Mai. Als Ursachen der Konflikte zwischen Christen und Muslimen werden auch Korruption, Missmanagement, Landkonflikte Armut und Mangel an gegenseitigem Verständnis für die andere Religion genannt. Im Norden Nigerias leben vorwiegend Muslime, im Süden Christen. Beide Religionen machen jeweils etwa 40 Prozent der Bevölkerung aus.

Im nördlichen Bundesstaat Plateau, in dem Jos liegt, kommt es seit langem zu Spannungen zwischen muslimischen Viehhirten und sesshaften, größtenteils christlichen Bauern. Die Überfälle am Wochenende zeugten aber von einer besonderen Brutalität, sagte der Generalsekretär des nigerianischen Kirchenrats, Yusuf Wushishi. "Die Atmosphäre ist voller Angst", betonte er. "Wir können nicht einmal den Uniformierten trauen."

Denn die Täter hätten Uniform getragen, als sie zurückgekommen seien, um die Beerdigung der Opfer zu stören. Wushishi bat um internationale Hilfe. "Was wir zuallererst brauchen, sind Gebete." Aber viele Menschen seien auch vor der Gewalt geflohen und bräuchten Unterkünfte und Lebensmittel.

Schauplatz schlimmster Gewalt

Die christlich-islamische Kommission betonte, dass Nigeria seit der Jahrtausendwende Schauplatz der schlimmsten Gewalt zwischen Christen und Muslimen seit dem Bosnien-Krieg (1993-1995) sei. Allein in diesem Jahr starben bereits Hunderte Menschen, vor allem durch Anschläge der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram. "Die Krise in Nigeria kann nicht mehr als lokal begrenzt betrachtet werden", heißt es im Bericht der Kommission.

Der Weltkirchenrat und das jordanische Islam-Institut wollen für Nigeria Bücher für Schüler und Erwachsene zu Religion und Friedenstheologie veröffentlichen. Zugleich planen sie, den Dialog und das Sammeln unparteiischer Informationen über die Gewalt in Nigeria voranzubringen.