Gewerkschaft ver.di kritisiert Entwurf für Leistungsschutzrecht

Gewerkschaft ver.di kritisiert Entwurf für Leistungsschutzrecht
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat den bekanntgewordenen Referentenentwurf für ein Leistungsschutzrecht der Verleger im Internet kritisiert.

Die Interessen der Urheber würden darin nur unzureichend berücksichtigt, teilte die Gewerkschaft am Sonntag in Berlin mit. "Die Bundesregierung hat es in dieser Legislaturperiode bislang vernachlässigt, die dringend gebotene Weiterentwicklung des Urheberrechts anzugehen", sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Daher sei völlig unverständlich, dass das Justizministerium einen isolierten Gesetzentwurf zugunsten der Verleger umsetzen wolle.

Auch wenn ver.di den Schutz journalistischer Inhalte und Modelle zur Bezahlung von Inhalten im Internet unterstütze, sei der Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung nicht akzeptabel. Die Urheber müssten die Hälfte der erzielten Einnahmen erhalten. Zudem brauche es eine Verwertungsgesellschaft, die die Rechte der Urheber wahrnehme. Die schlechten Erfahrung mit dem Verband der Zeitungsverleger bei den vereinbarten Vergütungen für freie Journalisten zeigten, dass gesetzliche Regeln notwendig seien.

Das Bundesjustizministerium hatte am Mittwoch einen Referentenentwurf für das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorgestellt. Mit dem Gesetz, das das Kabinett noch vor der Sommerpause beschließen will, sollen Hersteller von Presseerzeugnissen vor der unberechtigten gewerblichen Nutzung ihrer Erzeugnisse durch Dritte geschützt werden. Unter anderem würden Blogger, die etwa als freiberufliche Journalisten tätig sind und zugleich über ihr Schwerpunktthema bloggen, nach dem geplanten Gesetz künftig zu gewerblichen Zwecken handeln. Sie müssten daher für die Online-Nutzung Lizenzen erwerben.

Am Freitag kritisierten die Opposition und Wikipedia den Entwurf. Nach Ansicht der Linken-Abgeordnete Petra Sitte handele es sich bei dem Ansinnen um "Klientelpolitik zugunsten der Medienkonzerne". Die Abgrenzung zwischen gewerblicher und nichtgewerblicher Nutzung von Presseerzeugnissen werde in dem Entwurf nicht klar und forderte ebenfalls eine "angemessene" Beteiligung der Urheber an den Einnahmen.

Die Grünen-Politker Tabea Rößner und Konstantin von Notz kritisierten ebenfalls, dass in dem Entwurf keine Verwertungsgesellschaft vorgesehen sei. Auch die Frage, ob kleine Textteile (sogenannte Snippets) unter das Zitatrecht fallen, sei nicht geklärt.

Wikipedia sieht sich durch den Gesetzentwurf bedroht. Nach Ansicht des deutschen Betreibers des Online-Lexikons, Jan Engelmann, kann jeder abgemahnt werden, der im Internet freie Inhalte zur Verfügung stellt. Bisher können Nutzer bei Wikipedia durch eine sogenannte Creative Commons-Lizenz Inhalte frei bearbeiten und weiterverwenden, selbst wenn dies einem wirtschaftlichen Zweck dient.