Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) muss mittelfristig für mindestens die Hälfte ihrer Kirchengebäude eine neue Nutzungsidee finden. Weder die Personalstärke noch die Finanzkraft reichten aus, um alle Kirchen zu halten, sagt die Projektmitarbeiterin für die Gebäudekonzeption der Landeskirche, Barbara Perlich-Nitz, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Erfurt.
Verkäufe seien ein Weg, wenn die Käufer tragfähige Konzepte für die Kirchen entwickeln können: "Uns geht es nicht darum, Reibach zu machen, sondern die oft denkmalgeschützten Gebäude vor Verfall und Abriss zu bewahren." Kirchen seien meist ortsbildprägend und identitätsstiftend, nicht nur für Kirchenmitglieder. Die Kirchen, auch ohne kirchliche Nutzung, zu erhalten, besitze für die Landeskirche oberste Priorität.
Laut der Bauforscherin kostet der Erhalt eines einzelnen Kirchengebäudes ohne Schönheitspflege, Kunstgut oder Orgeln im Durchschnitt rund 30.000 Euro pro Jahr. Um 1900 habe es auf dem Gebiet der heutigen EKM rund 4.000 evangelische Kirchengebäude gegeben, getragen von 4,8 Millionen evangelischen Christen. "Sie haben die Kirchen mit Nutzung gefüllt und sich auch finanziell um sie gekümmert", sagt Perlich-Nitz. Heute gebe es immer noch 3.900 Kirchengebäude, bei nur noch 570.000 Kirchenmitgliedern.
Mögliche Käufer direkt ansprechen
Angesichts dessen empfiehlt die Gebäudekonzeption der EKM eine strategische Neuausrichtung des Bestandes statt pauschaler Kirchenschließungen. "Gemeinden sollten festlegen, welche Aufgaben einzelne Kirchen künftig übernehmen und auf welchem Niveau sie erhalten werden", sagt Perlich-Nitz. Sie müssten sich Klarheit darüber verschaffen, wie viele Kirchen für Gottesdienste, Konzerte oder Veranstaltungen gebraucht werden.
Nicht jede Kirche müsse ein Glockengeläut, eine Orgel oder eine Heizung vorhalten. Wenn kirchliche Veranstaltungen in einigen Kirchen konzentriert würden, könnten für die anderen neue Nutzungskonzepte bis hin zu dauerhaften Vermietungen an die Kommunen etwa als Bürgertreffs gefunden werden. Auch anlassbezogenene Vermietungen für Empfänge seien denkbar.
Perlich-Nitz empfiehlt den Gemeinden, "mögliche Nutzer oder sogar Käufer direkt anzusprechen und nicht auf Anfragen zu warten". Handwerker, Künstler oder Gastronomen könnten Interesse haben. In Tangermünde sei etwa die Kapelle St. Nikolai in ein heute beliebtes Gasthaus umgewandelt worden. Gute Ideen gebe es viele. Es müsse nur darüber geredet werden. Und auch eine Kampagne "Kauf doch eine mal ’ne Kirche." erscheine nicht abwegig.


