Kriege und Konflikte, Gewalt in Sprache und Tat, Angst um die Demokratie, das Klima und den Zusammenhalt. Zu diesen Themen will sich die evangelische Kirche in diesen Zeiten verhalten. "Sie fordern uns heraus, als Kirche nicht zu verstummen", sagt die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, am Sonntag in Dresden zur Eröffnung der diesjährigen Synodentagung.
Zuallererst möchte die evangelische Kirche nach den Worten der Ratsvorsitzenden Kirsten Fehrs aber eine hörende Kirche sein. "Hören, Klappe halten, und erst dann reden", sagt Fehrs in ihrem Bericht vor den 128 Delegierten des Kirchenparlaments, die bis Mittwoch in der sächsischen Landeshauptstadt beraten.
Doch zugleich hat die Kirche auch politische Botschaften, die ihr die biblische Botschaft aufträgt: Einsatz für Menschenrechte und Demokratie etwa. Anna-Nicole Heinrich erinnert daran, dass die EKD sich 1985 zur rechtsstaatlichen Demokratie bekannt hat - als Staatsform, die dem christlichen Menschenbild am nächsten komme.
Fehrs erinnert an 9. November als Wendepunkt
Die Hamburger Bischöfin Fehrs erinnert in ihrer Rede an den 9. November, der wie kein zweiter Tag für Ereignisse stehe, die zum Wendepunkt der Demokratie wurden: die friedliche Revolution, die 1989 zum Mauerfall führte. Und die auch in Dresden durch den Einsatz christlicher Demonstrantinnen und Demonstranten zum Erfolg wurde. An dem Tag gedenkt Deutschland aber auch der Opfer der Reichspogromnacht im Jahr 1938, als jüdische Menschen überall im Land auf offener Straße verfolgt und ihrer Geschäfte und Gebetsstätten beraubt wurden. 1.300 Menschen starben.
In Dresden wurde die Alte Synagoge ausgeraubt und gebrandschatzt, was Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) in seinem Grußwort anspricht. Feuerwehrleute, die von SA und SS am Löschen des Gebäudes behindert wurden, retteten später den Davidstern. Heute befindet er sich in der Neuen Synagoge, die nahe dem alten Standort neu gebaut wurde.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erinnert am Sonntag in Berlin an die historischen Ereignisse des 9. November und fordert mehr Anstrengungen zum Schutz der Demokratie vor Verfassungsfeinden. "Eine Partei, die den Weg in die aggressive Verfassungsfeindschaft beschreitet, muss immer mit der Möglichkeit eines Verbots rechnen", sagt er - ohne die AfD zu nennen.
EKD will Position zu Parteiverbotsverfahren finden
Fehrs zitiert den jüdischen Publizisten Michel Friedman: "Wollen wir demokratisch leben, ja oder nein? Dann müssen wir mehr tun als bisher. Tun wir's nicht, soll bitte keiner sagen, er habe nichts gewusst." Er habe Recht, so Fehrs, denn man sehe sich mit der AfD einer Partei gegenüber, die die Würde bestimmter menschlicher Gruppen längst schon für antastbar erkläre und sich damit außerhalb der Grundlagen unseres Grundgesetzes stelle. Vor Journalisten sagt sie später, über ein Parteiverbot nachzudenken, sei durchaus legitim. Die EKD sei noch in einer Findungsphase, wie sie sich dazu verhalte.
Es gebe eben auch die Frage, ob ein Verbot tatsächlich den Nutzen haben werde, den es haben soll, sagte Fehrs. Das Ziel sei aber eindeutig, dass dieser Partei, die in vielen Bundesländern als rechtsextremistisch eingestuft wird, keine Unterstützung zu gewähren sei. Fehrs bekräftigt: "Die Saat der Angst und des Hasses, die rechtsextreme, terroristische, antisemitische, rassistische Saat all der Menschen- und Demokratiefeinde darf nicht aufgehen."
Friedensdenkschrift wird am Montag präsentiert
Nicht nur der innere Frieden der Gesellschaft ist in Gefahr, Freiheit und Demokratie werden derzeit auch von äußeren Feinden angegriffen. Daher veröffentlicht die EKD am Montag ihre neue Friedensdenkschrift "Die Welt in Unordnung", in der dem Schutz vor Gewalt eine Sonderstellung zukommen wird.
Der Abschreckungsgedanke könne derzeit nicht "als erledigt angesehen werden", beklagt Fehrs, "so gern wir alle das wollten". Aber die Tonalität und Sprache, die verdienten Abrüstung: Es gehe darum verteidigungsfähig und friedenstüchtig zu sein.




