Lösungen für fast alles im Elterncafé

Bunte Buchstaben aus Holz liegen auf einem Bücherregal
epd-bild/Heike Lyding
Was tun, wenn das Kind ADHS hat? Wie bekommt der Sohn einen Ausbildungsplatz im Wunschjob? Was genau steht drin im Brief vom Amt? - Fast auf alle Fragen gibt es im Elterncafé in Schweinfurt Antworten. (Symbolbild)
Beratung sozialer Probleme
Lösungen für fast alles im Elterncafé
Das Elterncafé der Diakonie in der Schweinfurter Friedrich-Rückert-Grundschule will eine niederschwellige Anlaufstelle für alle möglichen sozialen Probleme sein. Der Bedarf ist groß, sagt Leiterin Diana Schmitt. Denn das soziale Netz hat Lücken.

Selbsthilfegruppe, Erziehungsberatung, Kaffeekränzchen, Sozialberatung, Bildungsangebot: So richtig gut passt keines dieser Schlagworte auf das "Elterncafé" der Diakonie an der Friedrich-Rückert-Grundschule im Schweinfurter Gründerzeitviertel direkt am Bahnhof.

Und doch ist es irgendwie alles zusammen. Diana Schmitt leitet das im Februar dieses Jahres gegründete Elterncafé. Die pädagogische Fachkraft ist alles auf einmal: Beraterin und Zuhörerin, Managerin und Mahnerin. "Wir fangen die Menschen dort auf, wo das soziale Netz Lücken hat", sagt sie.

Immer freitags von 8 bis 10 Uhr lädt Diana Schmitt in die Mensa der Grundschule zum Elterncafé - einem besonderen Projekt, das es so bayernweit nur selten gibt. Das niederschwellige Angebot nutzen ungefähr acht bis zehn Eltern der Grundschule pro Woche, manchmal sind es auch bis zu 20, berichtet die gelernte Erzieherin.

An diesem Freitag sind elf Gäste da, darunter zehn Frauen. Schmitts "Einstiegsthema" ist dieses Mal gewaltfreie Kommunikation. "Sei kein Wolf, sprich wie die Giraffe - sprich mit dem Herzen", sagt sie und gibt praktische Tipps für die Familienkommunikation.

Diana Schmitt vermittelt ihre Inhalte wertschätzend, nicht mit erhobenem Zeigefinger. "Manchmal hör' ich mich an wie mein eigener Vater", berichtet der Mann in der Gesprächsrunde zum Wochenthema: "Aber das will ich ja gar nicht." Die Erzieherin beruhigt: "Wir müssen keine Heiligen werden. Ihr sollt einfach mal gehört haben, wie man aus dieser Spirale der verbalen Aggression wieder rauskommen kann." Wenn sie den Eltern einen kleinen Anstoß geben kann, das eigene Verhalten zu überdenken, ist das für Diana Schmitt ein Erfolg: "Das klappt natürlich nicht immer, aber immer öfter."

Der Übergang von einem Thema zum nächsten ist an diesem Freitag fließend - darunter viele persönliche Themen, die aber trotzdem offen angesprochen werden. Fast alle Elternteile, die sich im Elterncafé versammelt haben, kämpfen mit ähnlichen Problemen. Auffälliges Verhalten der Kinder, oft die Diagnose ADHS. In vielen Familien gibt es Personen mit psychischer Beeinträchtigung. Und etliche Café-Besucher haben Sprachbarrieren. An der Rückert-Grundschule liegt die Quote der Kinder, die selbst oder deren Eltern eine Migrationsgeschichte haben, bei deutlich mehr als 90 Prozent.

Für Rektorin Sabrina Neckov ist das Elterncafé ein "wichtiges Bindeglied zwischen Schule und Elternhaus". Gerade an Schulen mit hohem Anteil von Familien mit Migrationshintergrund könne ein solches Angebot dazu beitragen, dass Barrieren abgebaut, Teilhabe gefördert und das gegenseitige Verständnis gestärkt wird. Die Eltern fühlten sich "besser eingebunden", dadurch wachse Vertrauen und das Schulklima verbessere sich, sagte Neckov. "Außerdem ist eine Eins-zu-EIns-Betreuung durch Diana Schmitt möglich, so erhalten Eltern direkte Hilfe bei verschiedenen Problemen."

Es ist kurz nach 9.30 Uhr, die ersten Besucher des Elterncafés machen sich zum Gehen fertig, da schiebt eine Frau wortlos und lächelnd einen Stapel Briefe an den Kaffeetassen vorbei zu Diana Schmitt. Die erkennt an der Papierfarbe sofort, dass es sich um Briefe von Ämtern handelt. "Oh", sagt sie. Es sind Vermittlungsangebote für den ältesten Sohn. Doch obwohl viele Ausbildungsbetriebe in Schweinfurt händeringend Auszubildende suchen, hat er keine Lehrstelle. Automechaniker will er werden, sagt die Frau in gebrochenem Deutsch. Das Jobcenter bietet ihm Einzelhandel an.

"Das ist so ein ganz typischer Fall", sagt Diana Schmitt. Nicht wenige Menschen kämen mit dem alltäglichen Leben alleine nur schwer bis gar nicht klar. "Ein solcher Packen Briefe verunsichert jemanden, der kaum Deutsch kann", sagt sie. Eigentlich ist das Elterncafé dafür nicht der richtige Ort, aber weil sie auch aufsuchende Sozialarbeit im Stadtteil macht, ist der Fall bei ihr dennoch richtig: "Aber von sich aus würde die Familie nie ein Beratungsangebot der Diakonie aufsuchen - es braucht so niederschwellige Angebote wie unser Elterncafé, weil sie dort halt gerne hinkommen".

Schmitt verknüpft das vom Bundesfamilienministerium und der EU mitfinanzierte Elterncafé mit anderen Angeboten wie etwa dem Programm "ElternChancen": Sie packt "Bildungsrucksäcke" mit Brettspielen, Büchern und Lernmaterial für die Kinder, sie geht teilweise auch mit in die Elternhäuser und packt die Rucksäcke dort gemeinsam aus. "Bei vielen Kindern gibt es viel Potenzial - aber das liegt brach", sagt sie. Die bräuchten Unterstützung, die sie von zuhause nicht bekommen: "Die Erfolgserlebnisse, wenn zum Beispiel ein Flüchtlingskind aufs Gymnasium geht, die motivieren."